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Dem Lehrkräftemangel in der Oberlausitz umgehend entgegenwirken – Schulen entlasten, Attraktivität erhöhen!

Lehrerbezirkspersonalrat Clemens Kuche und Staatssekretär Conrad Clemens (Mitte); ©Rafael Sompedro

In einer gemeinsamen Vorstandssitzung am 15. Mai 2023 in Löbau haben die Vorstände des Kreiselternrates Görlitz, der ostsächsischen Kreisverbände des Sächsischen Lehrerverbandes und des CDU-Kreisverbandes Görlitz konkrete Forderungen zur Bewältigung des Lehrkräftemangels und der Stärkung des Bildungsstandorts in der Oberlausitz aufgemacht. Das Ergebnis ist ein an die Landesregierung gerichtetes Positionspapier mit sieben Schwerpunkten.

Der Tenor des gemeinsamen Punkteplans ist es, die Attraktivität des Lehrerberufs zu wahren, um zeitnah genügend qualifizierte Bewerber für die Schulen gewinnen zu können. Die Besetzung offener Lehrerstellen in der Oberlausitz war zuletzt mehrfach Thema der Beteiligungsgremien von Eltern und Lehrkräften gewesen. Die Regierungskoalition im Freistaat hat die Möglichkeit zur Lehrer-Verbeamtung zwar verlängert und die Zahl der Studienplätze im Lehramt generell erhöht, doch gerade die Elternvertreter äußerten im Vorfeld öffentlich ihre Sorge, dass genügend gut qualifizierte Lehrkräfte in den nächsten Jahren für die Schulen gewonnen werden können. Während das Kultusministerium derzeit weitere Maßnahmen prüft und zum Beispiel eine Arbeitszeitstudie sowie das Projekt Bildungsland Sachsen 2030 anvisiert, forderten die Sitzungsteilnehmer weitergehende Initiativen.

„Der Mangel an ausgebildeten Lehrkräften ist eines der drängendsten Probleme für die Menschen in Ostsachsen. Weil die Zahl fehlender Nachwuchskräfte und die Quote von Seiteneinsteigern an den Schulen im LaSuB-Bereich Bautzen besonders stark ausgeprägt sind, fordern wir die Sächsische Staatsregierung zu weiterer Unterstützung unserer Region auf.
Sachsen hat eine hohe Qualität der schulischen Bildung, die wir bewahren möchten. Eine Kürzung der Stundentafel und Lehrinhalte sowie der planmäßige Stundenausfall verbunden mit einer Absenkung des Lernniveaus sind für uns nicht akzeptabel. Wir wollen Bildungsgerechtigkeit voranbringen und sind der Überzeugung, dass der ländliche Raum in der Bildungsqualität nicht benachteiligt werden darf. Das ist nur mit genügend ausgebildetem Personal möglich. Deshalb brauchen wir Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs sowie zur gezielten Anwerbung von Absolventen“, heißt es zu Beginn des Forderungspapiers.

Sieben Forderungen

1. Weitere Regionalisierung des Lehramtsstudiums und der praktischen Ausbildung

Die Anzahl der Studienplätze im Lehramt wurde erhöht. Ergänzend muss es die Möglichkeit zum Studium an einer Hochschule geben, zum Beispiel durch eine Kooperation zwischen einer Universität (Leipzig oder Dresden) mit der Hochschule Zittau-Görlitz. Gleichzeitig braucht es auch Ausbildungsstellen für das Lehramtsreferendariat (bzw. den Vorbereitungsdienst) in Fächern der Förderschule und Oberschule im ländlichen Raum. Dabei ist der große Bedarf für die MINT-Fächer und das Fach Sorbisch besonders zu berücksichtigen. Studentische Praktika in ländlichen Bedarfsregionen müssen weiter unterstützt werden.

2. Einführung einer Klassenleiterstunde

Die Verantwortung für eine Schulklasse und die damit einhergehende Tätigkeit als Klassenleiter ist elementar und muss als Teil des Arbeitsvolumens angerechnet werden, so wie es im Koalitionsvertrag der Sächsischen Staatsregierung verankert wurde.

3. Unterstützung der Bildung an außerschulischen Lernorten

Die Schulen brauchen zur Erfüllung ihres Bildungsauftrags die Unterstützung öffentlicher Einrichtungen. Deswegen sind Formate wie ein naturwissenschaftlicher Tag, Kulturtag, heimatkundlicher Tag oder ein Sporttag an außerschulischen Lernorten zu fördern. Auch Tage zur Vermittlung sozialer und medialer Kompetenzen, nachhaltigem und kulturellen Lernen, Demokratieerziehung und Vertiefung von Berufsorientierung sollten angeboten werden. Außerschulische Lernorte müssen niederschwellig und kostengünstig nutzbar sein.

4. Ausbau der Prävention im Team und weiterer Präventionsangebote

Polizei, Träger der Wohlfahrtspflege und Vereine sind eine wichtige Ergänzung bei der Vermittlung lebensnaher Themen, wenn sie unbürokratisch Hilfe anbieten können. Gerade PiT Ostsachsen leistet wichtige Unterstützungsarbeit und sollte deshalb allen Schulen leicht zugänglich gemacht werden, auch ohne den Abschluss einer Kooperationsvereinbarung. Die Polizei sollte auch in Akut-Situationen und bei Notfallintervention als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Der Umfang von Präventionsangeboten ist zu erhöhen.

5. Professionalisierung von Unterstützungssystemen

Zunehmend werden Lehrerkollegien durch multiprofessionelle Teams unterstützt. Die Zahl der Assistenzstellen muss erhöht, ihre Aufgabenbereiche klar definiert und ihr Einsatz an den Schulen gut vorbereitet werden. Noch umfassender zu berücksichtigen sind deshalb:

  • die Finanzierung von Schulsozialarbeitern in allen Schulen und Schularten,
  • die Übertragung reiner Verwaltungstätigkeiten an Schulverwaltungsassistenten, deren außerschulische Erfahrungszeiten ebenso berücksichtigt werden müssen,
  • die Schaffung von mehr Plätzen für das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder Freiwillige Pädagogische Jahr (FPJ) an den Schulen der Region, um frühzeitig junge Menschen für eine Tätigkeit im Bildungssektor zu begeistern,
  • die Unterstützung der Berufsorientierung, die proaktiv in den Schulen stattfinden muss, durch Praxisberater und Berufseinstiegsbegleiter
6. Verbesserung der digitalen Infrastruktur in der Fläche

Wir wollen keine digitale Beschulung ohne Anwesenheit von ausgebildeten Pädagogen. Der Mehrbedarf an Technik erfordert die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen zur Beschaffung und Wartung der Technik. Deshalb müssen Schulen durch Schulträger und Land mit ausreichend Personal und Finanzen unterstützt werden.

7. Etablierung sonderpädagogischer Projekte für Schulverweigerer und Schulabbrecher

Wir brauchen das Produktive Lernen auch in Ostsachsen sowie Schulverweigerer-Projekte und gezielte Maßnahmen für Schulabbrecher. Eltern, Kinder und Jugendliche, Lehrkräfte und die Politik in unserer Region haben ein gemeinsames Ziel: Qualitativ gute Bildung und Bildungsgerechtigkeit in jeder Region, an jedem Ort und in jeder Schulart, die wir hiermit voranbringen wollen. Gute Schulen sind unabdingbar für eine erfolgreiche Entwicklung unserer Region. Durch besondere gemeinsame Anstrengungen soll der anstehende Generationenwechsel in den Lehrerzimmern gelingen.