Gewalt an Schulen bleibt ein drängendes Problem. Eine aktuelle forsa-Studie im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) zeigt, dass Gewaltvorfälle gegen Lehrkräfte auf hohem Niveau stagnieren. Besonders alarmierend: Viele Schulen stoßen bei der Prävention und der Unterstützung betroffener Lehrkräfte an ihre Grenzen. Der Sächsische Lehrerverband fordert konkrete Maßnahmen der Politik, um die Situation endlich zu verbessern.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass Lehrkräfte tagtäglich Gewalt ausgesetzt sind, ohne ausreichend Schutz und Unterstützung zu erfahren“, kritisiert Michael Jung, Landesvorsitzender des SLV. „Die Politik muss endlich Verantwortung übernehmen, statt weiterhin abzutauchen. Gewalt an Schulen ist kein individuelles Problem, sondern ein gesellschaftliches – und sie verlangt konsequentes Handeln.“
Psychische und physische Gewalt
Laut der Studie kam es in den vergangenen fünf Jahren bundesweit an 65 Prozent der Schulen zu psychischen und an 35 Prozent der Schulen zu physischen Gewaltvorfällen gegen Lehrkräfte. Besonders häufig tritt psychische Gewalt an Haupt-, Real-, Ober- und Gesamtschulen (74 %) sowie Förder- und Sonderschulen (68 %) auf. Auch körperliche Angriffe auf Lehrkräfte gibt es vermehrt (fast doppelt so oft wie im Durchschnitt) an Förder- und Sonderschulen (66 %). Cybermobbing ist ebenfalls ein ernstes Problem: 36 Prozent der Schulleitungen berichten von Lehrkräften, die im digitalen Raum angegriffen wurden.
Kaum Präventionsarbeit und Unterstützung der Lehrkräfte
Nur 58 Prozent der Schulleitungen fühlten sich in der Lage, betroffene Lehrkräfte ausreichend zu unterstützen. Hinderungsgründe hierfür sind uneinsichtige Täterinnen und Täter (74 %), unkooperative Eltern (71 %) sowie eine Vielzahl anderer Aufgaben (58 %). Knapp jede zweite befragte Lehrkraft (49 %) gab an, dass die Meldung von Gewaltvorfällen zu bürokratisch und zeitaufwendig organisiert ist. „Lehrkräfte sollen sich auf ihre pädagogische Arbeit konzentrieren können, statt sich mit endlosen Formularen oder Desinteresse der Behörden abkämpfen zu müssen“, betont Jung.
Zudem berichtet fast ein Fünftel der Schulleitungen, dass die Meldung von Gewaltvorfällen seitens der Schulbehörden nicht erwünscht sei. „Das ist ein unhaltbarer Zustand und zeigt ein erschreckendes Maß an Ignoranz. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn darf nicht enden, wenn es für ihn unangenehm wird oder ein Imageverlust droht“, so Jung.
Forderungen
Erschwerend kommt die angespannte Personalsituation hinzu, die an Sachsens Schulen seit Jahren ein Dauerthema ist. Laut der Studie sehen vier von fünf Schulleitungen im Personalmangel das größte Hindernis für erfolgreiche Präventionsarbeit. Auch der Wunsch nach multiprofessionellen Teams, engerer Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen und besseren Weiterbildungsmöglichkeiten wird von der Mehrheit der Befragten geäußert.
„Unsere Lehrkräfte stehen im Regen – und das, obwohl ihre Arbeitsbedingungen immer schwieriger werden. Es braucht dringend verbindliche Schutzkonzepte, mehr Unterstützung für Prävention und weniger bürokratische Hürden bei der Meldung und Bearbeitung von Gewaltvorfällen“, fordert Jung.
Ein weiterer besorgniserregender Befund der Studie: Lediglich jede zweite Schule verfügt über ein alternatives Alarmsignal, das im Fall eines Amoklaufs dazu auffordert, sich in den Klassenräumen zu verbarrikadieren. An 43 Prozent der Schulen fehlt diese einfache, aber essenzielle Sicherheitsmaßnahme. „Das zeigt, wie wenig sich manche Entscheidungsträger mit den Risiken an unseren Schulen befassen. Sicherheit darf keine Option sein, sie ist Pflicht!“, betont Jung.