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Neue Wege in der Lehrerausbildung sind dringend erforderlich

©Ulrich Wechselberger auf Pixabay

Zusätzlich zur Weiterführung der bis 2023 befristeten Verbeamtung von Lehrkräften müssen nach Auffassung des SLV in der Lehrerausbildung neue Wege beschritten werden. Für eine flächendeckende Lehrerversorgung im gesamten Freistaat sind folgende Maßnahmen notwendig: eine stärkere Regionalisierung der Lehrerausbildung durch die Einrichtung von Außenstellen der Universitäten in West- und Ostsachsen; die langfristige Sicherung und inhaltliche Neuausrichtung der Lehramtsstudiengänge an den Universitäten in Leipzig, Dresden und Chemnitz sowie die Ausweitung der Lehrerausbildung an der TU Chemnitz auch auf die Studiengänge für Oberschullehrer, Förderschullehrer und Berufsschullehrer.

„Der Lehrkräftemangel ist aktuell das größte Problem im Schulbereich in Sachsen. Mit der Verbeamtung allein gewinnen wir aber nicht mehr Lehrkräfte für die Bedarfsregionen. Um perspektivisch im gesamten Freistaat qualifizierten Nachwuchs einstellen zu können, müssen wir die Lehrerinnen und Lehrer dort ausbilden, wo sie gebraucht werden. Außerdem muss mehr sächsischen Abiturienten ein Lehramtsstudium unweit ihrer Heimatorte ermöglicht werden“, konstatiert Michael Jung, stv. Landesvorsitzender des Sächsischen Lehrerverbandes.

Der Sächsische Lehrerverband fordert deshalb, dass Außenstellen der Universitäten in Westsachsen und Ostsachsen eingerichtet werden. Ein hoher Anteil der Studienplätze im Lehramt wird mit Bewerbern aus anderen Bundesländern belegt, die im Zulassungsverfahren aufgrund besserer Abiturnoten – die vom Anspruchsniveau nicht immer vergleichbar sind – einen Studienplatz erhalten. Eine zu hohe Zahl sächsischer Bewerber, die nicht zuletzt von ihren Lehrerinnen und Lehrer für ein Lehramtsstudium motiviert wurden, erhält jedes Jahr Absagen.

Reform und Regionalisierung der Lehrerausbildung

An den Universitäten in Leipzig, Dresden und Chemnitz sind die Lehramtsstudiengänge langfristig zu sichern. Studieninhalte müssen dringend reformiert und viel stärker als bisher an der Lehrpraxis orientiert und ausgerichtet werden, z. B. durch die Einführung eines Praxissemesters und verpflichtender Praktika in Bedarfsregionen und -schularten.
Die Lehrerausbildung in Chemnitz hat eine Schlüsselrolle für die Sicherung des Lehrernachwuchses in ganz Sachsen. Die Kapazitäten im Studiengang Lehramt an Grundschulen müssen weiter erhöht werden. Die Studierendenzahlen an den Universitäten in Dresden und Leipzig für das Lehramt an Oberschulen und an der Universität Leipzig für das Lehramt Sonderpädagogik reichen bei weitem nicht aus, um den Bedarf nur annähernd zu decken. Die Lehramtsstudiengänge an der TU Chemnitz sind daher auch für die Schularten Oberschule, Förderschule und berufsbildende Schulen zu etablieren. Dabei muss vor allem die Gewinnung von Lehrernachwuchs in den sogenannten „MINT-Fächern“ Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik sowie den technischen Fächern der berufsbildenden Schulen forciert werden.  

Lenkung des Lehrernachwuchses in die Bedarfsregionen

Obwohl die Zahl der Studienplätze für ein Lehramtsstudium an den sächsischen Universitäten seit 2012 kontinuierlich erhöht wurde und mittlerweile auf 2.700 angestiegen ist, kann der Bedarf an grundständig ausgebildeten Lehrkräften auch in absehbarer Zeit nicht in allen Schularten, Fächern und Regionen abgesichert werden. Problematisch ist die starke Fokussierung der neu ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer auf die Universitätsstädte Leipzig und Dresden bzw. die mangelnde Bereitschaft vieler Absolventen, in Regionen mit hohem Personalbedarf zu unterrichten. Viele Millionen Euro werden alljährlich in die Lehrerausbildung und die Werbung für den Lehrerberuf in Sachsen investiert. Die Kapazitäten der Lehramtsstudiengänge liegen im Freistaat über den eigenen Bedarfen, weil auch Abiturienten aus anderen Bundesländern gern hier studieren. Aber ein Dilemma entsteht, wenn der eigene Lehrernachwuchs nicht in ausreichender Zahl in bestimmten Regionen unterrichten möchte.
Zusätzliche Ausbildungsstätten für Grundschulreferendare in Löbau und Annaberg-Buchholz sowie der Anwärtersonderzuschlag von über 1.000 Euro monatlich für Referendare in Bedarfsregionen sind zwar schon geeignete Maßnahmen, um mehr Lehrkräfte in die Bedarfsregionen zu lenken. Denen müssen aber weitere Schritte folgen.

„Wenn in der Hochschulpolitik kein Umdenken passiert, werden wir auch noch in zehn Jahren über Lehrkräftemangel sprechen und das stellt eine massive Bedrohung nicht nur für die Bildungsqualität dar. Unvorhersehbare Herausforderungen, wie sie aktuell infolge der Auswirkungen der Flüchtlingsbewegung und der Pandemie bestehen, sind jetzt schon kaum mehr zu bewältigen. Um die Gesundheit und Arbeitskraft der Lehrerinnen und Lehrer zu erhalten, sind Entlastungen dringend notwendig. Doch diese werden ihnen von der Politik mit der Begründung des Lehrkräftemangels verwehrt“, sagt Michael Jung.