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Regulierst du dich schon selbst oder wirst du noch reguliert?

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Die Stellungnahme „Förderung der Selbstregulationskompetenz (SKR) von Kindern und Jugendlichen in Kindertageseinrichtungen und Schulen“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina aus dem September 2024 fokussiert auf die Entwicklung und Förderung von Selbstregulationsfähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Diese Kompetenzen sind entscheidend für das Lernen und die persönliche Entwicklung, da sie den Schülerinnen und Schülern helfen, ihre Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen zu steuern.

Was ist Selbstregulierungskompetenz?

Diese Kompetenz umfasst alle verhaltensbezogenen Fähigkeiten, die es ermöglichen, persönliche Ziele zu erreichen und sich an verändernde Umstände anzupassen und sie ist damit zentral für das Wohlbefinden und die Entfaltungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen. Die Kinder und Jugendliche sollen lernen, durch Selbstregulation selbstwirksam zu werden und ihr eigenes Handeln zu steuern. Um in unserer komplexen, individualisierten und sich wandelnden Gesellschaft bestehen zu können, benötigen sie eine resiliente Gesundheit, stabile soziale Beziehungen, gute Bildung und ein demokratisches Grundverständnis.

Was beinhaltet die Stellungnahme?

Die zentrale Botschaft der Stellungnahme ist, dass Selbstregulationskompetenzen nicht nur für den schulischen Erfolg, sondern auch für die soziale Integration und die psychische Gesundheit von Bedeutung sind. Die Akademie empfiehlt:

  • Integration in den Lehrplan: Selbstregulation sollte in alle Bildungsangebote integriert werden, um eine ganzheitliche Entwicklung zu fördern. Schulen sollten ihre Lehrpläne überarbeiten, um Module zur Selbstregulation einzuführen. Dies könnte durch fächerübergreifende Projekte oder spezielle Workshops geschehen.
  • Schulungen für Lehrkräfte: Fortbildungsangebote für Lehrkräfte sollten eingerichtet werden, um ihnen Methoden zur Förderung von SKR näherzubringen. Dies könnte durch Kooperationen mit Universitäten oder Fachinstituten geschehen.
  • Kooperation zwischen Schulen und Eltern: Eine enge Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen und Elternhäusern ist notwendig, um ein unterstützendes Umfeld zu schaffen. Informationsveranstaltungen und Workshops für Eltern könnten helfen, das Verständnis für die Bedeutung von SKR zu erhöhen und sie in die Förderung ihrer Kinder einzubeziehen.
  • Monitoring und Evaluation: Die Implementierung eines Monitoringsystems zur Evaluation der Fortschritte in der SKR-Förderung kann helfen, die Effektivität der Maßnahmen zu überprüfen und anzupassen.

Kritik

Das Konzept des selbstregulierenden Lernens stößt in einigen Schulformen, z. B. der Oberschule, an seine Grenzen. Denn es setzt voraus, dass sich die Lernenden ihre Lernziele selbst setzen, Strategien zur Zielerreichung wählen, ihren Lernfortschritt überwachen und ihre Vorgehensweise gegebenenfalls anpassen. Dies erfordert die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren, die eigenen Emotionen zu kontrollieren und Aufmerksamkeit und Zeit effizient zu organisieren.

Des Weiteren sind die derzeitigen Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Empfehlungen kontraproduktiv. Aufgrund des Fachkräftemangels bei gleichzeitig steigenden Anforderungen stoßen Lehrkräfte an ihre Grenzen und sind in jeder Hinsicht überlastet. Zudem wird in den Schulen wenig Wissen über psychische Gesundheit vermittelt. Auch die Erziehungskompetenz der Eltern spielt bei der Förderung von SRK eine wichtige Rolle.

Fazit

Es wird deutlich, dass die Förderung der Selbstregulierungskompetenz in der Schule, aber auch bereits im Kindergarten und Grundschule notwendig ist. Dies setzt die Qualifizierung von Erziehenden und Lehrkräften in Aus-, Fort – und Weiterbildung sowie eine deutliche Entlastung der Akteure voraus, damit auch sie als Vorbilder ihre psychische Gesundheit erhalten können. Strukturell sollten die Schulen nicht nur als Lern-, sondern als Lebensort räumlich und möbliert ausgestattet werden, aber auch externes Personal zur Supervision oder Kooperation ist notwendig. Denn nur wenn Erziehende und Lehrkräfte sich selbst regulieren können, können sie diese Kompetenz auch an Kinder und Jugendliche weitergeben.

(Inhaltliche Zuarbeit von Madeleine Helbig, Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes.)