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SLV erteilt Abschaffung von Ziffernnoten eine klare Absage

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Anlässlich der laufenden Beratungen über die Handlungsempfehlungen der Expertenräte im Rahmen des vom SMK initiierten Projektes „Bildungsland Sachsen 2030“ fordert der Sächsische Lehrerverband, dass an der Vergabe von Ziffernnoten bis zur Klassenstufe 8 festgehalten wird.

Ziffernnoten sind eindeutig in ihrer Aussage. Von „Sehr gut“ bis „Ungenügend“ ist ein nachvollziehbares Beurteilungssystem gegeben, das Schülern und ihren Eltern zur Orientierung dient und Lernfortschritte aufzeigt. Individuellen Beurteilungen und digital gestützten Rückmeldeformaten zur Leistungserhebung, wie sie von den Experten alternativ empfohlen werden, erteilt der SLV eine Absage.

Wichtiges Entscheidungskriterium

Das etablierte System der Ziffernbenotung ist eng verbunden mit dem gegliederten, durchlässigen und leistungsgerechten sächsischen Schulsystem, das sich in der Vergangenheit stets bewährt hat und den Freistaat regelmäßig auf Spitzenplätze in Bildungsvergleichen führt. Abitur- und Abschlussnoten bilden das wichtigste Entscheidungskriterium für Universitäten und Betriebe bei der Auswahl von Studierenden und Auszubildenden, deshalb kann keine Schule auf Abschlusszeugnisse mit Ziffernnoten verzichten.

Prognose über schulischen Erfolg

Zudem erlauben Ziffernnoten eine Prognose über den weiteren schulischen Erfolg eines Schülers: Wer am Ende der Grundschule gute Noten hat, bleibt mit großer Wahrscheinlichkeit auch in den folgenden Jahren ein leistungsstarker Schüler. Die Bildungsempfehlung der Grundschule, basierend auf einer Leistungsbewertung mit Ziffernnoten und Kopfnoten, ist eine verlässliche Entscheidungsgrundlage für Eltern und Schüler. Die stellvertretende Landesvorsitzende des Sächsischen Lehrverbandes und Fachverbandsvorsitzende Oberschulen, Petra Müller, betont: „Erfahrungsgemäß benötigen auch Schüler an Oberschulen zur Lernförderung strukturelle Vorgaben und eine klare Orientierung, die ihnen eine Bewertung nach Notenskala bieten kann. Es ist Schülern sehr schwer zu vermitteln, dass sie ab Klasse 8 mit Ziffernnoten bewertet werden, wenn zuvor nur Worturteile abgegeben wurden.“

Rechtliche Bedenken bei Worturteilen

Aus Sicht des SLV muss bei digital gestützten Rückmeldeformaten zur Lern- und Leistungsentwicklung – wie von den Experten vorgeschlagen – ein datenschutzrechtlich sicheres Handeln der Lehrkräfte gewährleistet sein. Das hätte zur Folge, dass bei Worturteilen, ähnlich wie bei Arbeitszeugnissen, am Ende nur rechtlich abgesicherte „Floskeln und Wortschablonen“ verwendet werden könnten. Auch scheinbare Arbeitserleichterungen durch die Verwendung von Künstlicher Intelligenz oder ChatGPT ermöglichen letztlich keine individuelle Leistungsbeurteilung und Lernförderung. Hinzukommt, dass kleinteilige Wort-Beurteilungen mitunter schwer zu interpretieren sind, vor allem von Eltern und Schülern, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist.

Mehraufwand für Lehrkräfte

Seit Jahrzehnten gibt es in vielen Bundesländern politische Auseinandersetzungen um die Notengebung an Schulen mit ernüchternden Ergebnissen. Pädagogische Instrumente wie Lernentwicklungsberichte, die einen Ersatz für die Notengebung darstellen sollen, werden von Lehrkräften als sehr belastend empfunden, wie eine aktuelle Umfrage des Verbandes Bildung und Erziehung an Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg gezeigt hat.

Die Lehrerversorgung an sächsischen Schulen kann auf absehbare Zeit nicht gewährleistet werden. Reformen wie die Aussetzung der Notengebung bis Klasse 8 würden zu einer Verschärfung der Personalsituation im Freistaat und einem erheblichen zeitlichen und organisatorischen Mehraufwand für die Lehrkräfte führen. „Unser Bildungssystem darf nicht zum Spielball für Parteiwerbung angesichts der Landtagswahl im nächsten Jahr werden. Mir persönlich ist unklar, warum man die Abschaffung der Ziffernbenotung und die Einführung neuer Bewertungsmaßstäbe auf Biegen und Brechen durchsetzen muss, wenn es aktuell deutlich größere Herausforderungen zu bewältigen gilt“, konstatiert SLV-Landesvorsitzender Michael Jung.