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Spitzenplatz verhehlt Baustellen im sächsischen Bildungssystem

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Die kürzlich veröffentlichte Ländervergleichsstudie „Bildungsmonitor 2023“ stellt dem Freistaat Sachsen zum 18. Mal in Folge das beste Bildungssystem im bundesweiten Vergleich aus. Jedoch trübt dieser Spitzenplatz die Realität des sächsischen Bildungssystems. Insbesondere bei der Digitalisierung an Schulen besteht erheblicher Nachholbedarf und der Betreuungsschlüssel in Kitas und Horten rangiert im Ländervergleich auf den hinteren Plätzen.

„Wenn Bildung in Sachsen auf höchstem Niveau steht, drängt sich mir die Frage auf, wie die Situation in anderen Bundesländern wohl aussieht. Dass der Freistaat erneut den ersten Platz im deutschlandweiten Ranking einnimmt, ist allein den engagierten sächsischen Pädagoginnen und Pädagogen, insbesondere den Lehrkräften und Erziehern, zu verdanken. Tag für Tag setzen sie trotz Personalmangels, geplanten und ungeplanten Ausfällen, steigenden Langzeiterkrankungen und vorzeitigen Renteneintritten alles daran, das Bildungssystem am Laufen zu halten“, konstatiert Michael Jung, der Landesvorsitzende des Sächsischen Lehrerverbandes.

Nachholbedarf bei Digitalisierung

An vielen sächsischen Schulen muss bei der Digitalisierung deutlich nachgebessert werden. In einigen Regionen fehlt es nach wie vor an einer leistungsstarken Internetanbindung und gut ausgebautem WLAN. Nicht alle Lehrkräfte und Schülerinnen sowie Schüler verfügen über digitale Endgeräte. Die Anschlussfinanzierung des Bundesprogramms „Digitalpakt Schule“ zur Förderung und Erhaltung der digitalen Infrastruktur bleibt weiterhin ungeklärt. Im Bereich der Ganztagesangebote ist mehr Raum für medienbezogene Projekte erforderlich. Auch in der Lehrkräftebildung besteht dringender Bedarf an regelmäßigen Fortbildungen zu digitalen Themen, um die Gelingensbedingungen zu verbessern.

Trotz der unzureichenden Voraussetzungen an vielen sächsischen Schulen, insbesondere in den ländlichen Regionen, hält das SMK an seinen Plänen fest, fehlende Lehrkräfte und planmäßigen Unterrichtsausfall durch den Einsatz sogenannter digitaler Selbstlernmodule auszugleichen. Hierbei darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Schülerinnen und Schüler angemessen unterstützt werden müssen. Die Anwendung der Module erfordert didaktische Aufbereitung, Klärung von Rückfragen der Lernenden und Auswertung von Schülerleistungen. Erfahrene, digital versierte Lehrkräfte sind hierbei unverzichtbar und benötigen ausreichendes Unterstützungspersonal, um über das reguläre Stundenmaß hinaus keine Überlastung zu erfahren.

„Obwohl die Politik versprochen hat, mehr Unterstützungspersonal an Schulen bereitzustellen und die Entwicklung multiprofessioneller Teams zu fördern, sind Assistenzkräfte an vielen Einrichtungen immer noch Mangelware bis gar nicht existent“, bemerkt Landesvorsitzender Michael Jung.

Verbesserung des Betreuungsschlüssels

Sachsen hat in den letzten Jahren den Ausbau von Kita-Plätzen gefördert und in zusätzliches Personal investiert. Dennoch bleibt der Personalschlüssel im bundesweiten Vergleich ungünstig. Während der statistisch berechnete Personalschlüssel 2013 in Krippengruppen bei 1 zu 6,6 und in Kitagruppen bei 1 zu 13,5 lag, kamen 2021 auf eine Fachkraft in der Krippe 5,5 Kinder und in der Kita 11,7 Kinder. Empfohlen wird jedoch ein rechnerischer Betreuungsschlüssel von drei Kindern je Fachkraft in Krippengruppen und 7,5 Kindern je Fachkraft in Kindergartengruppen.

Viele Erzieherinnen und Erzieher in Sachsen wünschen sich mehr Zeit für die individuelle Betreuung der Kinder. Der Sächsische Erzieherverband im SLV setzt sich für die Einführung von Obergrenzen bei Gruppengrößen ein, um eine intensivere Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Ein optimierter Betreuungsschlüssel und klare Gruppenobergrenzen erfordern ausreichend qualifiziertes Personal. Der in den nächsten Jahren zu erwartende demografische Wandel muss genutzt werden, um die Fachkraft-Kind-Relation in Sachsen langfristig zu verbessern und qualifizierte Fachkräfte im System zu halten.

Zudem müssen die Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen attraktiver gestaltet werden, um weitere Fachkräfte für den Erzieherberuf zu gewinnen. Erzieherinnen und Erzieher in privaten Trägerorganisationen sollten – ebenso wie ihre Kolleginnen und Kollegen im öffentlichen Dienst – eine Vergütung auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes erhalten.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Anzahl von Flüchtlingskindern aus der Ukraine und Kindern mit Migrationshintergrund in den sächsischen Kinderbetreuungseinrichtungen ist es entscheidend, die Sprachförderung im Vorschuljahr zu intensivieren. Ein solides Beherrschen der deutschen Sprache bildet den Schlüssel zu verbesserten Bildungsmöglichkeiten im weiteren schulischen Verlauf.