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Was gibt Ihnen das Recht zu diesem Pauschalurteil, Frau Gockel?

©A. Pfeifer, SLV

Mit Wut, Empörung und Unverständnis haben viele erfahrene Lehrerinnen und Lehrer die Aussagen der Landtagsabgeordneten Sandra Gockel (CDU) bei der Plenarsitzung am 21. September 2022 zur Kenntnis genommen. Während sich Pädagogen mit Eltern, Schülern und Studierenden bei einer Protestkundgebung vor dem Landtag für mehr personelle Ressourcen und eine bessere Bildungssituation in Sachsen stark machten, erfolgte durch Frau Gockel ein verbaler Rundumschlag gegen die verdiente Lehrergeneration.

Nun fragen wir Sie, Frau Gockel, was gibt Ihnen das Recht, ein derartiges Pauschalurteil über ehemalige Kollegen und die sächsische Lehrerschaft zu fällen?

Als CDU-Landtagsabgeordnete gehören Sie einer Partei an, die seit der politischen Wende im Jahr 1990 den Kultusminister stellt. Viele der politischen Fehlentscheidungen, die in der Vergangenheit im Bildungsbereich und in der Personalpolitik getroffen wurden, hat Ihre Fraktion mit zu verantworten – genauso wie den derzeitigen Lehrkräftemangel. Die verdiente Lehrergeneration, die mit jahrelanger unfreiwilliger Teilzeit Einkommensverluste und Rentenminderungen verkraften musste, hat das sächsische Dilemma nicht verursacht und darf dafür auch nicht von Ihnen verurteilt werden.

Frau Gockel, statt des Konfrontationskurses ist es an der Zeit, das Ruder endlich herumzureißen und Bildung in Sachsen gemeinsam zu organisieren! Staatsminister Christian Piwarz hat die Notwendigkeit zum Handeln erkannt und zeigt sich gesprächsbereit.

Sie sitzen seit August 2022 im Landtag, bezeichnen sich selbst als Frau der Praxis, denn Sie können als Lehrerin und langjähriger Teil der Schulleitung – zuletzt an einem Dresdner Gymnasium – zu Recht Berufserfahrung vorweisen. Sicherlich befanden Sie sich als Schulleiterin eines Großstadtgymnasiums mit ausreichend Personal in einer privilegierten Situation, da Ihnen genügend Spielräume für die kreative Gestaltung von Schule zur Verfügung standen. Nicht zu vergleichen mit den Schulleiterinnen und Schulleitern vor allem an Schulen in ländlichen Regionen, die gerade händeringend versuchen, den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten.

Sie reden von mangelnder Resilienz für den Lehrerberuf, von zu wenig Verantwortungsbewusstsein oder Flexibilität und sprechen den Lehrkräften das Recht auf Teilzeit ab. Aber was wissen Sie tatsächlich über die derzeitige Situation an vielen sächsischen Schulen? Anhaltender Personalmangel, planmäßiger Unterrichtsausfall, Kollegien an der Belastungsgrenze sind dort an der Tagesordnung. Die Bildungsqualität ist massiv bedroht und Schulleitungen wie Lehrkräfte sehen kaum noch Möglichkeiten dagegenzuhalten. In dieser Situation hilft keine verbale Haudrauf-Mentalität, sondern schnelles lösungsorientiertes Handeln ist gefragt.