Bis 2035 fehlen bundesweit bis zu 158.000 Lehrkräfte. Zu diesem Ergebnis kommt die am 31. März 2022 veröffentlichte, neue Expertise von Prof. i. R. Dr. Klaus Klemm, der im Auftrag des Verbandes Bildung und Erziehung den Lehrkräftebedarf und das tatsächliche Lehrkräfteangebot in Deutschland bis 2035 berechnet hat. Um dem aktuellen Bedarf an den sächsischen Schulen gerecht werden zu können, müssten ad hoc 3.000 zusätzliche Lehrkräfte eingestellt werden. Der SLV fordert die Politik auf, der Wahrheit endlich ins Gesicht zu blicken und anhand einer fundierten, realistischen Lehrerbedarfsprognose eine wirksame Personalstrategie zu entwickeln. Dazu gehören vor allem eine stärkere Regionalisierung der Lehrerausbildung, die sich an den tatsächlichen schulart- und fächerspezifischen Bedarfen orientiert, sowie die Weiterführung der bis 2023 befristeten Verbeamtung von Lehrkräften.
Neue Herausforderungen bei anhaltendem Lehrermangel
„Der Lehrkräftemangel ist das größte Problem im Schulbereich, auch in Sachsen, und stellt eine massive Bedrohung für Bildungsqualität, -gerechtigkeit und die Zukunft unseres Landes dar. Unvorhersehbare Herausforderungen, wie sie aktuell infolge der Auswirkungen der Flüchtlingsbewegung und der Pandemie bestehen, treffen auf zu wenige Lehrerinnen und Lehrerinnen an den Schulen und eine Situation, die sich noch verschärfen wird. Ohne die Bereitstellung der erforderlichen personellen Ressourcen werden die Aufgaben nicht zu bewältigen sein. Deshalb dürfen Lehrkräftebedarf und -angebot von der Politik nicht länger schöngerechnet werden“, kommentiert Michael Jung, stellvertretender SLV-Landesvorsitzender, anlässlich der veröffentlichten VBE-Studie.
Entlastungen und Personalstrategie dringend notwendig
„Die Lehrerinnen und Lehrer arbeiten nicht erst seit Corona an der Belastungsgrenze. Um ihre Gesundheit und Arbeitskraft zu erhalten, sind Entlastungen dringend notwendig. Doch diese werden ihnen von der Politik mit der Begründung des Lehrkräftemangels verwehrt. Auf der anderen Seite wird nichts dafür getan, um die Lehrerversorgung für ganz Sachsen langfristig zu gewährleisten“, erklärt Michael Jung.
Mit eigenen Berechnungen und Strategien zur Bewältigung der Personalmisere macht der SLV seit Jahren auf die sich zuspitzende Situation aufmerksam. Schon jetzt wird der Unterricht im Grundbereich in keiner Schulart zu einhundert Prozent ausgereicht, ganz zu schweigen vom Ergänzungsbereich. Weitere Lehrkräfte fehlen für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Klassenleiterstunde, die Umsetzung von Inklusion und Integration. Neben den Ersatzeinstellungen für ausscheidende und langzeiterkrankte Lehrkräfte rechnet der SLV mit einem deutlichen Mehrbedarf aufgrund des Anstiegs der Schülerzahlen um mehr als zehn Prozent bis 2028 infolge der Zuwanderung und der steigenden Geburten.
Lösungen zur Bewältigung des Lehrermangels
Langfristige Lösungen sieht der SLV vor allem in der gezielten Lenkung der neu eingestellten Lehrkräfte in die Bedarfsregionen und -schularten sowie in einer stärkeren Regionalisierung der Lehrerausbildung. Außenstellen der Universitäten in Westsachsen und Ostsachsen müssen eingerichtet werden, um mehr sächsischen Abiturienten ein Lehramtsstudium unweit ihrer Heimatorte zu ermöglichen.
„Der Sächsische Lehrerverband erwartet, dass die Landesregierung umgehend eine Strategie präsentiert, wie sie die zu erwartende personelle Unterdeckung beseitigen will. Diese sollte zeitnah erfolgen, da von den 32.700 sächsischen Lehrkräften allein ein Drittel 57 Jahre oder älter ist“, so Michael Jung.