Drei Monate nach der Landtagswahl haben CDU und SPD am 4. Dezember 2024 ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Der Sächsische Lehrerverband sieht in den Bereichen Bildung und Lehrkräfteausbildung zahlreiche ambitionierte Vorhaben, deren Erfolg jedoch maßgeblich von ausreichenden finanziellen und personellen Ressourcen abhängt. „Die Lehrkräfte in Sachsen erwarten von der neuen Koalition, dass die angekündigten Maßnahmen nicht nur formuliert, sondern auch realisiert werden“, betont Michael Jung, Landesvorsitzender des Sächsischen Lehrerverbandes. Die erste Analyse offenbart Licht und Schatten: Während einige Vorhaben positiv hervorstechen, bleiben die Details zur praktischen Umsetzung unklar, was eine abschließende Bewertung erschwert.
Positive Ansätze und Kritik
Der SLV begrüßt die Verstetigung der Assistenzsysteme an den Schulen, das Bekenntnis zur weiteren Verbeamtung von Lehrkräften sowie den Ausbau der Schulsozialarbeit, von der alle Schulen profitieren sollen. Positiv bewertet er zudem, dass die Koalitionspartner am gegliederten Schulsystem und am bewährten Bewertungs- und Benotungssystem inklusive der Kopfnoten festhalten und Oberschulen als wichtige Säule unseres Bildungssystems gestärkt werden sollen. Eine langjährige und zentrale Forderung des SLV ist die Klassenleiterstunde, die bereits im letzten Koalitionsvertrag versprochen und dann mit der Begründung des Lehrkräftemangels zurückgenommen wurde.
Kritisch sieht der SLV, ob die zur Umsetzung benötigten zusätzlichen finanziellen und personellen Mittel bereitgestellt werden – insbesondere angesichts des noch ausstehenden Doppelhaushalts.
„Bildungsland Sachsen 2030“: Wegweisend, aber unkonkret
Der SLV sieht den Strategieprozess „Bildungsland Sachsen 2030“ als richtungsweisend für die Entwicklung des Bildungssystems. Viele der Ansätze, wie etwa die Erarbeitung eines Lehrkräftebildungsgesetzes oder die stärkere Unterstützung von Schulen durch Globalbudgets und unbefristete Assistenzstellen, bieten langfristiges Potenzial. Dennoch hat der SLV bereits in der Vergangenheit angemahnt, dass konkrete Rahmenbedingungen und gesicherte Finanzierungszusagen fehlen. Die kommenden Haushaltsberatungen werden entscheidend sein, um den Vorhaben Substanz zu verleihen.
Lehrkräftemangel als Daueraufgabe
Um dem anhaltenden Lehrkräftemangel wirksam zu begegnen, sind Maßnahmen wie der Anwärtersonderzuschlag, der Ausbau multiprofessioneller Teams und die Fortführung der Verbeamtung unverzichtbar. Grundständig ausgebildete Lehrkräfte müssen gegenüber Seiteneinsteigenden bevorzugt behandelt werden und sind dort einzusetzen, wo sie verfügbar sind. Dies dient nicht nur der Sicherung der Unterrichtsqualität, sondern auch der Bindung von Lehrkräften an den Beruf und der Vermeidung von Abwanderung.
Die geplante Reform der Lehrkräftebildung erfordert eine enge, ressortübergreifende Zusammenarbeit. Der SLV erwartet von SMK und SMWK, dass sie ihre Abstimmung verbessern und konkrete Schritte zur Erhöhung der Erfolgsquote bei Lehramtsabsolventen unternehmen. Angesichts der Tatsache, dass Lehramtsstudierende die größte Gruppe an sächsischen Hochschulen bilden, sollte deren erfolgreicher Abschluss ein zentrales Ziel sein. Darüber hinaus drängt der SLV auf eine konsequente Weiterentwicklung der regionalisierten Lehramtsausbildung, um den Bedarf an Lehrkräften in allen Landesteilen zu decken.
Vorschuljahr als Beitrag für mehr Chancengleichheit
Die Einführung eines kostenfreien, verpflichtenden Vorschuljahres bewertet der SLV als einen wichtigen Schritt hin zu mehr Chancengleichheit. Allerdings ist eine enge Verzahnung zwischen Kitas und Grundschulen erforderlich, um den Übergang für Kinder nahtlos zu gestalten. „Die gezielte Förderung vor dem Schulstart ist ein wesentlicher Schlüssel für eine erfolgreiche Bildungsbiografie“, erklärt Jung. „Die Umsetzung des Vorschuljahres muss jedoch durch entsprechende Investitionen in Personal und Bildungsangebote flankiert werden.“ Die demografische Entwicklung in Sachsen eröffnet aktuell die Möglichkeit, freiwerdende personelle Kapazitäten sinnvoll zu nutzen. Diese könnten gezielt eingesetzt werden, um den Betreuungsschlüssel nachhaltig zu verbessern – eine Maßnahme, die langfristig die Bildungsqualität steigern würde.
Unabhängig von den im Koalitionsvertrag angekündigten Vorhaben erwartet der SLV von allen Fraktionen im Sächsischen Landtag, dass sie sich den bildungspolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre mit vereinten Kräften stellen. Ein parteiübergreifendes Bildungspaket könnte dabei einen ersten wichtigen Impuls setzen. Der SLV steht als verlässlicher Partner jederzeit bereit, um in Gesprächen und durch aktive Mitarbeit an einer zukunftsfähigen Bildungspolitik mitzuwirken.