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Finale Runde zum Teilschulnetzplan berufsbildende Schulen

Nachdem schon mehrmals über die Berufsschulnetzplanung berichtet wurde (zuletzt in der NSLZ 2/2020), befindet sich dieser Prozess nach reichlich fünf Jahren scheinbar in der letzten Phase.

Im März dieses Jahres hatte das Kultusministerium einen ersten Arbeitsentwurf dazu vorgestellt. Wesentliche Ergebnisse des Entwurfes lassen sich unter www.berufsschulzukunft.sachsen.de einsehen. Seitdem wurden zahlreiche Einzelgespräche mit allen Schulträgern geführt und eine ganze Reihe an Änderungswünschen mit aufgenommen. Anfang September ist der Prozess in seine zweite und hoffentlich letzte Runde gegangen. In sogenannten „Sprengelberatungen“ zwischen dem Kultusministerium und den Landräten bzw. Oberbürgermeistern werden aktuell Anpassungsvorschläge diskutiert. Der abgestimmte Entwurf soll im Herbst vorliegen, anschließend in die Anhörung gehen und vor Beginn des Schuljahres 2021/2022 in Kraft treten.

Im Bereich der berufsbildenden Schulen soll dann bis mindestens 2030 Planungssicherheit bestehen in Bezug auf Anzahl und Standort der Berufsschulzentren sowie der dort angebotenen Ausbildungsberufe. Eine Fachklassenliste wie bisher würde demzufolge ab 2021/2022 entfallen. Nach einer ersten Sichtung der bisher bekannten Fakten ergeben sich allerdings eine Reihe von Fragen.

Die Ausbildung eines Berufes über die gesamte Zeit – in der Regel also vom ersten bis zum dritten Lehrjahr – an einem BSZ zu konzentrieren, ist sicherlich der richtige Weg, erfordert aber die Schaffung entsprechender Kapazitäten, nicht nur in Bezug auf Räumlichkeiten, finanzielle bzw. materiell-technische Ausstattung und Internats-/Wohnheimplätze, sondern auch in personeller Hinsicht. Nach wie vor scheint die Frage, wie man die zumeist stark spezialisierten Berufsschullehrer bei einer Verlegung „ihrer“ Ausbildungsberufe unterstützen will, völlig offen. Während man einem Auszubildenden sicherlich zumuten kann, für eine begrenzte Zeit bestimmte Fahrtwege oder die Unterbringung in einem Wohnheim in Kauf zu nehmen, sieht es bei einer gestandenen Lehrkraft, die Haus und Familie besitzt, anders aus.

Zur Sicherstellung der hohen Qualität der Berufsausbildung gehören auch gut ausgebildete und motivierte Berufsschullehrer. Um diese vor allem in den gewerblich-technischen Fachrichtungen zu gewinnen, ist ein langfristiges Standortkonzept unerlässlich. Verschiebungen von Ausbildungsberufen, welche auch zwingend die Verschiebung von spezialisierten Berufsschullehrern nach sich ziehen, sind dabei äußerst kontraproduktiv. Dies hat die Studie der Hans-Böckler-Stiftung vom März 2018 („Working Paper Forschungsförderung, Nummer 060, Zur Ausbildung von Lehrkräften für Berufsbildende Schulen“) eindeutig gezeigt.

Mit dem neuen Berufsschulnetz sollte auch eine Stärkung der Berufsschulzentren im ländlichen Raum erreicht werden. Einige der geplanten Veränderungen scheinen in diesem Zusammenhang durchaus plausibel, allerdings nicht alle. Auch die „Verschiebung“ von 2.000 bis 2.500 Auszubildenden an BSZ im ländlichen Raum erschließt sich nach einer ersten Durchsicht der bisher vorliegenden Zahlen nicht.

Nachstehend dazu eine kleine Auswahl an geplanten größeren Verschiebungen von Ausbildungsberufen in Sachsen (Stand 01.08.2020; in Klammern geplante Plus- und Minuszahlen an Auszubildenden, genannt werden die Hauptstandorte, keine Außenstellen):

Nachstehend dazu eine kleine Auswahl an geplanten größeren Verschiebungen von Ausbildungsberufen in Sachsen (Stand 01.08.2020; in Klammern geplante Plus- und Minuszahlen an Auszubildenden, genannt werden die Hauptstandorte, keine Außenstellen):

Das BSZ für Gesundheit und Sozialwesen Dresden soll die Ausbildung der Erzieher, der Sozialassistenten, der Heilerziehungspfleger und die FOS Gesundheit und Soziales (gesamt -501) an das BSZ für Dienstleistung und Gestaltung Dresden abgeben. Dieses wiederum gibt z. B. die Ausbildung der Friseure (-146 nach Meißen), der Fachlageristen (-88) bzw. der Fachkräfte für Lagerlogistik (-247) an das BSZ für Bau und Technik Dresden ab. Da an diesem BSZ auch die Zimmererausbildung konzentriert werden soll, wird es dort einen deutlichen Zuwachs (+442) geben.

Das BSZ für Elektrotechnik Dresden hingegen wird u. a. durch die Abgabe der Elektroniker- (-276) und Mechatronikerausbildung (-296) deutlich schrumpfen (gesamt -696). Diese werden dann zum Teil am BSZ für Technik und Wirtschaft in Freiberg konzentriert (Elektroniker +71, Mechatroniker +98). Am BSZ Radeberg wird es ebenfalls einen Zuwachs (+256) geben, insbesondere durch das neue Berufsbild des Informationselektronikers (+108) (ehemals Informationselektriker bzw. Elektroniker FR I- und TK-Technik).

Auch an anderen Standorten gibt es nennenswerte Veränderungen. Im LaSuB-Bereich Chemnitz beispielsweise soll das BSZ für Wirtschaft II die Ausbildung des Kaufmanns im Einzelhandel (-171) und die Verkäufer (-118) an das BSZ für Bau- und Oberflächentechnik Zwickau sowie die Verwaltungsfachangestellten (-218) an das BSZ für Wirtschaft I Chemnitz abgeben, was ein deutliches Minus von 507 Auszubildenden ergibt. Das BSZ für Technik I wiederum soll die Ausbildung der Berufskraftfahrer (-237) abgeben, welche dann im Erzgebirge am BSZ Annaberg-Buchholz ausgebildet werden. Dieses wiederum gibt Auszubildende im Gastronomiebereich ab (-68). Der Gastronomiebereich im Erzgebirge soll am BSZ Schneeberg/Schwarzenberg aufgestockt werden (Koch +106, Restaurant-/Hotelfachkraft +47).

In Zwickau würde am BSZ für Bau- und Oberflächentechnik ein Plus durch die Aufstockung beim Kaufmann im Einzelhandel (+224) und den Verkäufern (+149) entstehen, welche aus Chemnitz abgezogen werden sollen. In anderen Standorten wären die Veränderungen nicht so groß. In Ostsachsen sollen am BSZ Löbau die Dachdecker (+135) und die Beton- und Stahlbauer (+38) sowie die Hochbaufacharbeiter (+35) konzentriert werden. Am BSZ Bautzen ist die Abgabe der Gastronomieberufe geplant (-138). Durch die Verschiebung der Elektroniker-und Mechatronikerausbildung (+169) verändert sich die Gesamtzahl der Auszubildenden nicht wesentlich. Auch am BSZ Görlitz würde sich die Gesamtzahl der Auszubildenden nicht in Größenordnungen verändern, da der Weggang der Dachdecker (-53 nach Löbau) und des Kaufmanns für Büromanagement (-50 nach Zittau) teilweise durch das Plus bei den Bäckern (+39) bzw. den Fachverkäufern im Lebensmittelhandwerk (+21) kompensiert wird.

Im Leipziger Raum sind insgesamt die geringsten Verschiebungen angedacht. Am BSZ Eilenburg würde ein Zuwachs durch die Kraftfahrzeugmechatroniker (Nutzfahrzeugtechnik) entstehen (+106), welcher sich hauptsächlich durch die Verlagerung vom BSZ Karl-Heine Leipzig ergibt. Am BSZ Torgau wäre ein leichtes Plus durch die Glaserausbildung (+41) zu erwarten. Perspektivisch wird sich auch ein Zuwachs am BSZ Schkeuditz durch die Ausbildung der Eisenbahner im Betriebsdienst bzw. am BSZ Wurzen durch die Krankenpflegehelferausbildung ergeben.

Dass die Bündelung von Ausbildungsberufen zu einer Stabilisierung von Schulstandorten führt, muss sich in der Praxis erst noch erweisen. Langjährige Kooperationen zwischen BSZ und Betrieben sind nicht so einfach zu ersetzen. Und ob der Auszubildende für seinen Traumberuf deutlich weitere Wegstrecken in Kauf nimmt, wird man sehen.