Der Sächsische Lehrerverband hat vom 16. bis 19. April 2021 eine Mitgliederbefragung zum Thema Gewalt gegen Lehrkräfte durchgeführt. Insgesamt haben sich 1.052 Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten aus allen Regionen des Freistaates beteiligt. Die Ergebnisse der Umfrage belegen, dass in den letzten drei Jahren an Schulen verschiedene Formen der Gewalt aufgetreten sind.
In der Umfrage wurde anonymisiert nach Fällen im Zusammenhang mit psychischer Gewalt, Mobbing über das Internet sowie körperlicher Gewalt an der eigenen Schule gefragt. Aus aktuellem Anlass wurden Angriffe im Zusammenhang mit Corona-Schutzmaßnahmen gesondert betrachtet. Die Fragen nach „Gewalt gegen Lehrkräfte“ schließen auch Gewalt gegen Schulleitungen bzw. das weitere Personal an Schulen ein.
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, dass in den letzten drei Jahren an den sächsischen Schulen verschiedene Formen der Gewalt gegenüber Lehrkräften, Schulleitungen sowie dem weiteren Schulpersonal aufgetreten sind. Am häufigsten handelte es sich dabei um psychische Gewalt und Mobbing über das Internet. Es kam aber auch zu körperlichen Angriffen.
Psychische Gewalt am häufigsten festzustellen
Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, dass es an ihrer Schule in den letzten drei Jahren Fälle von psychischer Gewalt gegenüber Lehrkräften oder der Schulleitung gab.
Am häufigsten wurden solche Vorfälle von Förderschullehrkräften (82 Prozent) genannt, am wenigsten von Gymnasiallehrkräften, aber selbst dort noch von 46 Prozent. Damit ist diese Form der Gewalt, welche sich z.B. durch Beschimpfungen, Bedrohungen, Beleidigungen, Mobbing, und Belästigungen äußert, am häufigsten in Erscheinung getreten. Die psychische Gewalt ging dabei meist von Schülern oder Eltern aus (95 Prozent).
30 Prozent der Befragten bestätigten, dass es an ihrer Schule bereits Fälle von Mobbing über das Internet gab, z.B. Diffamierung, Belästigung, Nötigung.
Mit 66 Prozent haben Befragungsteilnehmer aus Förderschulen derartige Vorfälle am häufigsten genannt, am wenigsten Lehrkräfte der Beruflichen Schulen (6 Prozent). Größtenteils gingen diese Fälle von den Schülern oder Eltern aus (98 Prozent).
24 Prozent der Befragungsteilnehmer haben an ihrer Schule körperliche Gewalt gegen Lehrkräfte erlebt, z.B. Schlagen, Stoßen, mit Gegenständen werfen. Solche Vorfälle gingen zu 94 Prozent von den Schülern aus. Auffällig sind die hohen Zahlen von körperlicher Gewalt durch Schüler an Grundschulen (30 Prozent) und die vergleichsweise niedrigeren an den weiterführenden Schulen. Das spricht für eine sehr gute Wertevermittlung und Erziehung durch Grundschullehrkräfte.
Im Zusammenhang mit Corona-Schutzmaßnahmen berichteten 41 Prozent der 1.052 Befragungsteilnehmer von psychischer Gewalt, 28 Prozent von Mobbing über das Internet und von zehn Fällen körperlicher Gewalt (1 Prozent). Angriffe auf Lehrkräfte bzw. Schulleitungen im Zusammenhang mit Corona-Schutzmaßnahmen waren zu 75 Prozent von Eltern und zu 19 Prozent von Schülern ausgehend.
Weil sich der Betrachtungszeitraum bei Angriffen auf Lehrkräfte bzw. Schulleitungen im Zusammenhang mit Corona-Schutzmaßnahmen nur auf die letzten maximal 13 Monate erstreckt, bedeuten die Zahlen ein überdurchschnittliches Niveau.
Dies zeigt, dass das Thema Gewalt gegen Lehrkräfte eine immer größere Rolle spielt und deshalb stärker in den Blick genommen werden muss, um die Betroffenen besser schützen zu können. Jeder auftretende Fall von Gewalt gegenüber den Lehrkräften, der Schulleitung sowie dem weiteren Schulpersonal ist letztlich ein Fall zu viel.
Der SLV möchte klarstellen, dass es insgesamt betrachtet sehr wenige Eltern bzw. Schüler sind, von denen Angriffe auf Lehrkräfte ausgehen. Im Normalfall gibt es ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Lehrkräften und Eltern bzw. Schülern.
Unterstützung für die Betroffenen
Die Mitgliederbefragung zeigt, dass die Betroffenen auch Unterstützung erfahren haben. Das ist in solchen Situationen sehr wichtig.
Von den Befragungsteilnehmern wurde am häufigsten die Unterstützung durch die Schulleitung genannt, je nach Befragungskategorie von ca. 50 bis 63 Prozent. Aber auch andere leisteten den notwendigen Beistand, meist Kolleginnen und Kollegen, die eigene Familie, Eltern anderer Schüler, Personalrat/Lehrerverband, Schulsozialarbeiter, Schulpsychologen, Beratungslehrer usw.
In schwerwiegenden Fällen wurde auch die Schulaufsicht aktiv.
Etwa ein Fünftel der Fälle von Angriffen auf Lehrkräfte bzw. Schulleitungen konnten nicht zur Zufriedenheit der Betroffenen schulintern gelöst werden.
Häufig wurden Vorfälle im Interesse der Schule und der betroffenen Lehrkräfte nicht öffentlich kommuniziert.
Insbesondere bei Fällen von psychischer Gewalt sowie Mobbing über das Internet war es am schwierigsten, diese aufzuklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Geschäftsführende Vorstand des SLV bedankt sich bei allen Mitgliedern, die sich an der Befragung beteiligt haben.
Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse finden Sie in der → Auswertung der Mitgliederbefragung (PDF).