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Im Gespräch mit Staatsminister Christian Piwarz

©A. Pfeifer

Nicht nur in herausfordernden Zeiten sucht der SLV das Gespräch mit den politisch Verantwortlichen im Bildungsbereich, sondern er setzt auf einen kontinuierlichen Austausch und konstruktive Dialoge mit den Entscheidungsträgern. Neben brennenden Fragen der SLV-Mitglieder und aktuellen Themen wie der Lehrkräftesituation in Sachsen stehen vor allem auch Dauerbrenner wie die Lehrerausbildung und Arbeitsentlastungen dabei auf der Agenda. Es gab also wieder großen Diskussions- und Klärungsbedarf, als sich die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstandes am 2. März 2023 zum Gespräch mit Kultusminister Christian Piwarz in Radebeul trafen. Auch Referatsleiter Klaus Habermalz und Referent Björn Schaarschmidt nahmen daran teil.

Zunächst bedankte sich Kultusminister Christian Piwarz beim SLV für die stets konstruktiv-kritische Zusammenarbeit und fasste anschließend die Ausgangssituation – Negatives wie Lichtblicke – kurz zusammen.

Ob der anhaltenden verschärften Personalsituation an den Schulen erhofft sich das SMK im Einstellungsverfahren zum 1. August 2023 einen größeren Bewerberpool mit mehr Seiteneinsteigern und positive Effekte aus der Lehrergewinnungskampagne. Langfristig erwartet Staatsminister Piwarz für 2030/2035 weniger Altersabgänge (circa 800 pro Jahr), stark sinkende Schülerzahlen und Absolventenzahlen der Lehramtsstudiengänge, die über dem Bedarf liegen. Er plädiert deshalb für die Einführung von Lebensarbeitszeitkonten, um bei einer künftigen Trendwende Nachfrage und Bedarf bei der Lehrerversorgung regulieren und die jungen Lehrkräfte dann auch einstellen zu können.

Entlastungen

Darin, dass dem akuten Lehrkräftemangel vor allem an den Oberschulen kurzfristig nicht mehr zu begegnen ist, sind sich SLV und SMK einig. Die Belastungssituation für Lehrkräfte ist in allen Schularten groß, Assistenzkräfte, die für Unterstützung sorgen können, sind nicht ausreichend vorhanden. Spürbare Entlastungen, wie sie der SLV immer wieder fordert, wurden mit der Begründung fehlender personeller Ressourcen vom SMK abgelehnt. 

Dringend benötigte Assistenzkräfte, vor allem Schulverwaltungsassistenten, sieht das SMK zunächst nur für große Schulen (Gymnasien, BSZ, Oberschulen) vor. Der Minister stellte zusätzliche Stellen dafür in Aussicht, die bereits vorhandenen sollen dauerhaft und nicht mehr als Lehrerstellen im Doppelhaushalt ausgewiesen werden.

Höhergruppierungen nach EG 14/A 14

Höhergruppierungen nach EG 14 bedeuten für den einzelnen Beschäftigten eine nachhaltige Erhöhung des Einkommens. Höhergruppierungsmöglichkeiten sind eine Wertschätzung für die geleistete Arbeit und in den westdeutschen Ländern fester Bestandteil einer Einkommensbiografie. Diese verlässlichen und ganz normalen Perspektiven gibt es in Sachsen bislang noch nicht. Eine Quote von lediglich 20 Prozent erschwert den Einstieg. Wichtig sind ein Aufwuchs und eine Verstetigung der EG-14-Stellen. Frei werdende Stellen müssen sofort nachbesetzt werden können, so dass möglichst viele Lehrerinnen und Lehrer diesen Aufstieg schaffen. Die Vorstellungen des SLV zielten stets auf eine deutlich höhere Quote, um möglichst vielen erfahrenen Lehrkräften diese Wertschätzung zukommen zu lassen.

Um gegenüber anderen Bundesländern weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben, sicherte das SMK zu, bei den Verhandlungen zum nächsten Doppelhaushalt den Ausbau der EG 14/A 14-Stellen im Blick zu haben und beim Finanzministerium zu beantragen.

Lehrkräftegewinnung

Eine flächendeckende Lehrerversorgung in ganz Sachsen ist und bleibt die Herausforderung in den nächsten Jahren. Die Lehrerwerbung des SMK hat bisher nicht den gewünschten Effekt erzielt und mehr junge Menschen für den Lehrerberuf gewonnen, auch wenn gestiegene Zugriffszahlen bei den Werbekanälen und genutzten Social Media Plattformen zu verzeichnen sind. Bereits zum Start der Kampagne im April 2022 hat der SLV die Kosten-Nutzen-Relation kritisiert und auch im Gespräch am 2. März noch einmal die Werbeinhalte hinterfragt. Statt idealtypischer Darstellungen fernab schulischer Realität in Sachsen sieht der SLV in einer Imagekampagne für den Lehrerberuf eine Möglichkeit für mehr Wertschätzung und um das Bild des Lehrers in der Öffentlichkeit aufzuwerten.

Lehrerbildung

Reformen und eine stärkere Regionalisierung der Lehrerausbildung, die sich an den tatsächlichen schulart- und fächerspezifischen Bedarfen orientiert, tragen langfristig ebenfalls dazu bei, den Lehrkräftemangel zu bewältigen. Dazu müssen Außenstellen der Universitäten in Westsachsen und Ostsachsen eingerichtet werden, um mehr sächsischen Abiturienten ein Lehramtsstudium unweit ihrer Heimatorte zu ermöglichen.

Christian Piwarz erteilte dem Vollausbau von Lehrämtern in anderen Regionen des Freistaats aus finanziellen Gründen eine Absage. Der Gedanke der zuständigen Ministerien ginge eher in Richtung Kooperationen zwischen den Hochschulen in den Regionen und den lehrerbildenden Universitäten in Dresden und Leipzig mit dem Ziel, eine modulgestützte Lehrerausbildung zu ermöglichen. Dies betrifft nach Aussage von Piwarz den Bereich Sonderpädagogik an der Westsächsischen Hochschule Zittau/Görlitz sowie den Ausbau der Oberschule Plus im Bereich Naturwissenschaften an der TU Chemnitz.

Dass sich die Zielvereinbarungen mit den Universitäten an der Zahl erfolgreicher Absolventen an Stelle der Studienanfänger orientieren, um die Bestehensquote in den Lehramtsstudiengängen und auch in den Bedarfsfächern zu erhöhen, fordert der SLV seit Langem. Staatsminister Piwarz erklärte im Gespräch, dass dazu nun endlich eine Änderung mit den Universitäten verhandelt würde. Es bleibt abzuwarten, ob ein Einlenken erfolgt, da das Erreichen vereinbarter Studienabgängerzahlen mit einer größeren Anstrengung für die Hochschulen verbunden wäre.

Arbeitszeitkonten

Das vom SMK geplante neue Arbeitszeitmodell zur Gewinnung von Lehrerarbeitsvermögen sieht im Wesentlichen vor, dass in einem bestimmten Zeitraum geleistete Mehrarbeitsstunden gutgeschrieben und zu einem späteren Zeitpunkt verbraucht werden. Es basiert auf einer wissenschaftlich fundierten Arbeitszeitstudie und richtet sich vorrangig an die jüngere Lehrergeneration.

Der SLV sieht die Einführung von Arbeitszeitkonten zum aktuellen Zeitpunkt äußerst kritisch. Nicht nur, dass Mehrarbeit bei den meisten Lehrkräften bereits Normalität ist. Ein Arbeiten über dieses Maß hinaus für einen längeren Zeitraum stuften die SLV-Vertreter als gesundheitsgefährdend ein. Es ist außerdem zu befürchten, dass die Arbeitszeitstudie im Auftrag des SMK Ergebnisse fernab der Realität liefert. Die Studie soll zum Schuljahr 2023/2024 starten und die Daten von mindestens 3.000 Lehrkräften aus allen Schularten und mit unterschiedlichen Fächerkombinationen über ein Jahr erheben. Dabei gilt es herauszufinden, wie viel Arbeitszeit wofür aufgewendet wird und ob sie überhaupt erhöht werden kann. Zusätzlich will man Möglichkeiten für Entlastungen identifizieren (z. B. bei Verwaltungs- und organisatorischen Aufgaben).

Nach Meinung des SLV darf die Führung eines Arbeitszeitkontos, wenn überhaupt, grundsätzlich nur auf freiwilliger Basis geschehen. Außerdem muss der Anspruch auf Leistung eins zu eins gesichert sein. Das bedeutet, eine heute geleistete Arbeitsstunde ist in 20 Jahren genauso viel wert und selbst wenn die Schülerzahlen nicht zurückgehen oder es nicht mehr Lehrkräfte gibt, muss die angesparte Arbeitszeit zum gewünschten Zeitpunkt ausgezahlt werden. Zudem ist es notwendig, dass das Modell der Arbeitszeitkonten insolvenzgesichert ist, das heißt, im Landeshaushalt muss das entsprechende Geld dafür vorgehalten und separat ausgewiesen werden. Für ältere Lehrkräfte und Kollegen, die kurz vor dem Renteneintrittsalter stehen, sind Arbeitszeitkonten generell abzulehnen, da es sich nicht mehr auszahlen würde. Für sie ist die Wiedereinführung einer Altersteilzeit, die für tarifbeschäftigte Lehrkräfte über eine Dienstvereinbarung mit dem LHPR bzw. bei verbeamteten Lehrkräften über eine entsprechende Rechtsgrundlage im Beamtengesetz geregelt ist, der richtige Schritt.

Der SLV wird den geplanten Prozess kritisch begleiten und seine Expertise dazu einbringen.

Etliche weitere Punkte waren Gegenstand des gut zweieinhalbstündigen Gesprächs an diesem Donnerstag. Der SLV bleibt für seine Mitglieder am Ball und wird auch die nächste, sich bietende Gelegenheit nutzen, um sich für seine Forderungen zur Verbesserung der Lehrkräftesituation in Sachsen stark zu machen.