Die Erwartungen, dass sich das Infektionsgeschehen mit Beginn des Frühjahres entspannt, erfüllen sich aktuell nicht. Die Infektionszahlen bleiben auf Rekordniveau, was sich auch in den Schulen bemerkbar macht. Die Belastungen in Folge der Pandemie nehmen nicht ab. Im Gegenteil: Mit der Ankunft geflüchteter Kinder aus der Ukraine stehen Schulleitungen und Lehrkräfte vor einer neuen Herausforderung. Sie sind angehalten, die Kinder und Jugendlichen schnellstmöglich in den sächsischen Schulalltag zu integrieren. Doch nicht nur dafür fehlen schon seit langem die personellen Ressourcen. Viele Lehrkräfte sehen kein Licht mehr am Ende des Tunnels.
Bessere Personalausstattung an den Schulen
Um dem aktuellen Bedarf an den Schulen gerecht werden zu können, müssten ad hoc 3.000 zusätzliche Lehrkräfte eingestellt werden. Im aktuellen Einstellungsverfahren waren es mit 719 Neueinstellungen wieder viel zu wenig. Zusätzlich steigt der Bedarf an nicht-pädagogischem Personal an den Schulen, die nicht nur beim coronabedingten Verwaltungsmehraufwand, sondern auch im Hinblick auf die Beschulung ukrainischer Kinder Unterstützung bieten sollen.
Entlastung von Lehrkräften
Während der Arbeitsaufwand aufgrund der Corona-Pandemie für Lehrkräfte und Schulleitungen zugenommen hat, bleibt die Umsetzung bereits vor Jahren geplanter und öffentlich publizierter Vorhaben zur Entlastung der Beschäftigten aus. Weder das Maßnahmenpaket aus dem Jahr 2016 noch das in 2018 von der Staatsregierung verabschiedete Handlungsprogramm „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität in Sachsen“ oder die im aktuellen Koalitionsvertrag enthaltenen Arbeitserleichterungen wurden bislang realisiert. Zu letzteren gehören u. a. die Einführung einer Klassenleiterstunde oder die Absenkung des Regelstundenmaßes. Selbst die bereits zugesprochene Entlastung, auf das Worturteil in Zeugnissen zu verzichten, wurde von der Staatsregierung wieder zurückgenommen. Unter anderem solche Entscheidungen führen zunehmend zur Resignation bei den Lehrkräften. Nicht akzeptabel ist für den SLV auch, dass alle Vorschläge zur Entlastung mit der Begründung des Lehrermangels von der Staatsregierung abgelehnt werden.
„Wenn die Staatsregierung ihre Arbeitskräfte weiterhin so auf Verschleiß fährt, dann wird sich die personelle Situation weiter verschärfen. Erste Anzeichen gibt es bereits. Immer mehr Lehrkräfte sind langzeitkrank, überlastet, verabschieden sich vorzeitig in den Ruhestand oder wandern an freie Schulen mit besseren Arbeitsbedingungen ab“, moniert Michael Jung, stellv. Landesvorsitzender des Sächsischen Lehrerverbandes.
Reform der Lehrerausbildung und stärkere Regionalisierung
Der SLV wird nicht müde zu betonen, dass eine stärkere Regionalisierung der Lehrerausbildung und ihre Ausrichtung an den tatsächlichen Bedarfen der Schlüssel zu einer langfristigen und flächendeckenden Lehrerversorgung in ganz Sachsen ist. Es müssen Außenstellen der Universitäten in Westsachsen und Ostsachsen eingerichtet werden, um mehr sächsischen Abiturienten ein Lehramtsstudium unweit ihrer Heimatorte zu ermöglichen. Außerdem sind die Lehramtsstudiengänge an der TU Chemnitz auch auf die Schularten Oberschule, Förderschule und berufsbildende Schulen auszuweiten.
Ausstattung mit digitalen Endgeräten und Fortbildungen für Lehrkräfte
Dem Digitalisierungsschub in Folge der Pandemie sind die meisten Lehrkräfte engagiert begegnet, obwohl viele von ihnen immer noch keinen Dienst-Laptop besitzen und mit privaten Geräten arbeiten. Dabei sind Fragen der Haftung und des Datenschutzes beim Einsatz im Unterricht weiterhin offen. Auch die Zuständigkeiten für die Wartung und den IT-Support der Dienstgeräte sind ungeklärt. Es kann nicht erwartet werden, dass das auch noch von den Lehrkräften übernommen wird. Zwingend notwendig sind darüber hinaus Fortbildungen im Bereich Digitalisierung, die schwerpunktmäßig in den jeweiligen Schulen mit der dortigen Technik stattfinden müssen.