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Präzisierung der Dienstanweisung nach Kritik am Konzept des eingeschränkten Regelbetriebes

SLV-Landesvorsitzender Jens Weichelt und sein Stellvertreter Michael Jung im Gespräch mit Staatsminister Christian Piwarz (1. v. r.), Staatsekretär Herbert Wolff (2. v. r.), Abteilungsleiter Gerald Heinze (1. v. l.) und Referatsleiter Klaus Habermalz (3. v. r.) - unter Wahrung des Abstandsgebotes. Foto: SLV

In einem Gespräch mit Staatsminister Christian Piwarz am 13. Mai 2020 kritisierten die Vertreter des Sächsischen Lehrerverbandes Teile des geplanten Konzepts zum eingeschränkten Regelbetrieb an Schulen, das zum 18.05.2020 umgesetzt werden soll.

Aus Sicht des SLV wäre es besser gewesen, wenn die Interessenvertretungen der Beschäftigten rechtzeitig, vor der Erarbeitung des Konzepts und dem Erlass der Dienstanweisung durch das Kultusministerium, einbezogen worden wären. Staatsminister Christian Piwarz plant deshalb weitere Gespräche, insbesondere zur Vorbereitung des kommenden Schuljahres.

Die Dienstanweisung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus sieht vor, dass im eingeschränkten Regelbetrieb ab 18. Mai 2020 alle Lehrkräfte einzusetzen sind. Bei Beschäftigten, die aufgrund von Alter oder Vorerkrankungen zu den sogenannten Risikogruppen zählen, löst das berechtigte Sorge vor schwerer Erkrankung aus. Derzeit werden diese Lehrkräfte nur auf freiwilliger Basis eingesetzt. Der Einsatz besonders gefährdeter Lehrkräfte ist für den Sächsischen Lehrerverband nicht akzeptabel. Diese Kolleginnen und Kollegen sollten weiterhin die Schüler im Heimunterricht betreuen und nur auf eigenen Wunsch in den Schulen unterrichten.

Staatsminister Christian Piwarz versicherte gegenüber dem SLV, dass Beschäftigte, die zu den sogenannten Risikogruppen gehören, bei Vorliegen eines ärztlichen Attests nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden.

Das Kultusministerium hat am 15. Mai 2020 die Dienstanweisung zum Dienstbetrieb an den Schulen in der Phase der Wiederaufnahme des Unterrichts ab dem 18. Mai 2020 präzisiert.

Das Konzept des eingeschränkten Regelbetriebes beinhaltet, dass in den Klassen 1 bis 4 alle Schüler täglich unterrichtet werden. Die Abstandsregeln lassen sich dadurch nicht mehr einhalten und deshalb sieht das Konzept die strikte Trennung der Klassen vor. Damit soll bei auftretenden Infektionsfällen die Übertragung eingegrenzt werden. Der Sächsische Lehrerverband schätzt ein, dass dieses „Trennkonzept“ nicht realisierbar ist und zwangsläufig eine „Durchmischung“ stattfindet. Demzufolge werden bei auftretenden Infektionen mit dem Coronavirus mehr Schüler und Lehrkräfte betroffen sein.

Während der Unterrichtsstunden und durch zeitversetzte Pausen bestehen Chancen für eine Abschottung. Schwieriger ist das beim Einlass ins Schulgebäude zu realisieren. In den Horten gibt es in der Regel nicht so viele Horterzieher und Horträume wie Grundschulklassen in der Schule bzw. den Schulen. Der Schulweg, die Schülerbeförderung und Freizeitaktivitäten auf Spiel- oder Sportplätzen liegen überhaupt nicht im Verantwortungsbereich der Schulen. Einige Lehrer zweifeln an der Sinnhaftigkeit des hohen Aufwandes für diese Vorkehrungen in den Schulen, wenn sie selbst mit ansehen müssen, was nach Schulschluss abgeht.

Die Pädagogen an den Grundschulen und Förderschulen sind verunsichert und fassungslos, dass es keinerlei Abstandsregeln mehr geben soll. Eine besondere Herausforderung für die Gewährleistung der Hygienemaßnahmen ergibt sich für Schulleiter, die mehrere Schulen leiten.

Das SMK steht weiterhin zu dem Ziel, eine Betreuung aller Kinder zu gewährleisten. Nach Aussage des Staatsministers ist das nur durch den eingeschränkten Unterricht für alle Schüler der Klassen 1 bis 4 möglich, weil die Horte nicht die Kapazitäten besitzen, die andere Hälfte einer Klasse zu betreuen. Eltern müssten zu Hause bleiben und es würde die Kinder treffen. Vor dem Hintergrund aktueller Infektionsfälle in Ostsachsen erklärte das SMK, dass in allen Fällen die Übertragung in den Haushalten stattgefunden hat, nicht von Kind zu Kind in den Einrichtungen. Nach aktuellen Erkenntnissen, auf die sich das SMK stützt, sind Schulen und Kitas keine Infektionsherde. Staatsminister Christin Piwarz stellte heraus, dass die Schutzmaßnahmen in Schulen und Kitas nur dann funktionieren, wenn in der gesamten Gesellschaft die Regeln eingehalten werden.

An den weiterführenden Schulen sieht das Konzept des SMK einen Wechsel von Präsenzunterricht und Lernaufgaben zu Hause vor. Der Sächsische Lehrerverband befürchtet, dass durch diese Doppelaufgabe bei vielen Lehrerinnen und Lehrern die Belastungsgrenze überschritten wird. Das muss nach Auffassung des SLV bei der Aufstellung von Unterrichtsplänen an den Schulen beachtet werden. Außerdem bedarf es unbedingt der Anerkennung von Mehrarbeit, die zunehmend geleistet wird. Die Vertreter des SMK stellten klar, dass die Regelungen zur Vergütung von Mehrarbeit weiterhin gelten. Es besteht auch die Möglichkeit, den Beschäftigungsumfang vorübergehend zu erhöhen, was eine höhere Vergütung zur Folge hätte.

Die Schulen brauchen Freiheiten, damit sie den eingeschränkten Schulbetrieb ab 18. Mai entsprechend ihren personellen und räumlichen Möglichkeiten durchführen und den Gesundheitsschutz einhalten können. Für das Konzept und eventuell auftretende Infektionen dürfen aber nicht die Schulen verantwortlich gemacht werden.

Seitens des SLV wurde in diesem Zusammenhang auf das Problem von fehlenden Unterschriften der Eltern auf dem „Formular Gesundheitsbestätigung“ verwiesen und nachgefragt, wie mit diesen Schülern dann zu verfahren ist. Nach Auffassung des SLV verbietet es sich aufgrund der personellen Situation an den Schulen, eine gesonderte Aufsichtsperson bis zur Abholung der Schüler bzw. Unterschriftsleistung der Eltern abzustellen. Das SMK wird dazu zeitnah Konkretisierungen herausgeben.

Der SLV verwies auf die Auswirkungen der Festlegung für Oberschulen und Förderschulen, dass an Tagen der schriftlichen Prüfungen alle anderen Schüler Aufgaben erhalten, die sie in häuslicher Lernzeit bearbeiten. Insbesondere durch die Verteilung der naturwissenschaftlichen Prüfungen auf drei Tage entstehen neue Situationen. So müsste wegen eines einzigen Prüfungsteilnehmers für alle anderen Schüler häusliche Lernzeit stattfinden. Die Vertreter des SMK stellten diesbezüglich eine Lösung in Aussicht, die den Schulen mehr Entscheidungsspielräume ermöglichen.

Ausblick

SLV und SMK stimmen in ihrer Bewertung überein, dass sich die ungewisse Entwicklung der Corona-Pandemie auch auf das kommende Schuljahr auswirken könnte. Von Woche zu Woche wird es schwieriger, die Defizite in der Vermittlung von Wissen und Kompetenzen auszugleichen. Es müssen Lösungen gefunden werden, dass auch im nächsten Jahr die Schüler erfolgreich ihre Abschlussprüfungen ablegen und Schulabschlüsse erreichen können. Eine Verkürzung der Sommerferien kommt nicht in Betracht, es gibt aber Überlegungen zu zusätzlichen Angeboten – auf freiwilliger Basis, für Schüler und Lehrkräfte. SMK und SLV werden auch zu künftigen Maßnahmen ihren konstruktiven Dialog fortsetzen.

Stand: 13. Mai 2020, aktualisiert am 16. Mai 2020