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SLV kritisiert Auslegung von Ausnahmeregelungen bei der Verbeamtung

Im Zuge der erstmaligen Verbeamtung von Lehrkräften im Freistaat Sachsen wurde im Sächsischen Beamtengesetz die Altersgrenze zur Berufung in das Beamtenverhältnis von 47 Jahren auf 42 heruntergesetzt. Der Sächsische Lehrerverband hatte für eine Beibehaltung der Altersgrenze plädiert. Bei der Gesetzgebung wurde eine Ausnahmeregelung eingefügt: „Bei einer Inanspruchnahme von Eltern-, Beurlaubungs-, Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten erhöht sich die Altersgrenze um die jeweils in Anspruch genommenen Zeiten, höchstens jedoch um ein Jahr für jeden Einzelfall.“ Der Sächsische Lehrerverband hat seit Beginn des Verbeamtungsverfahrens die Rechtsauffassung vertreten, dass diese Zeiten berücksichtigt werden müssen, um so auch über 42-jährigen Lehrkräften die Verbeamtung zu ermöglichen. Die Auslegung des Finanzministeriums bezieht sich aber lediglich auf Elternzeiten usw., die zum Zeitpunkt der Vollendung des 42. Lebensjahres noch in Anspruch genommen werden.

Der SLV kritisiert diese enge Auslegung dieser Ausnahmeregelung. Sie widerspricht dem Ansinnen, bestimmten Menschen, die etwas Wichtiges für unsere Gesellschaft geleistet haben, eine besondere Anerkennung zu gewähren.

Bereits die Absenkung der Altersgrenze auf 42 Jahre bedeutet gerade für die Jahrgänge einen sehr schmerzhaften Einschnitt, die zu Zeiten des Lehrerüberhangs und einer sehr niedrigen Zahl von Neueinstellungen, aufgrund hervorragender Ergebnisse in der 1. und 2. Staatsprüfung ihrer Lehrerausbildung (häufig 1,0) in den Schuldienst des Freistaates Sachsen eingestellt wurden. Deshalb hat sich der SLV seit Beginn des politischen Prozesses, der die Verbeamtung sächsischer Lehrkräfte ermöglichen sollte, für die Beibehaltung der ursprünglichen Altersgrenze zur Berufung ins Beamtenverhältnis von 47 Jahren ausgesprochen – nicht zuletzt bei der öffentlichen Anhörung im Schulausschuss des Landtages am 9. November 2018. Letztlich war diese Senkung ein Kompromiss zwischen Bildungs- und Finanzpolitikern und die Einmal-Nachzahlung in den Generationenfond für die künftigen Pensionsansprüche das ausschlaggebende (Kosten)Argument.

Der Sächsische Lehrerverband hat seit Beginn des Verbeamtungsverfahrens die Rechtsauffassung vertreten, dass Eltern-, Beurlaubungs-, Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten zu einer Erhöhung der Altersgrenze führen müssen, um so auch über 42-jährigen Lehrkräften die Verbeamtung zu ermöglichen. Damit sollte bestimmten Menschen, die einen Beitrag zur Gesellschaft geleistet haben, zum Beispiel Kinder betreut oder Angehörige gepflegt haben, ein Nachteilsausgleich gewährt werden. Diese Rechtsauffassung zum Paragraf 7 des Sächsischen Beamtengesetzes teilten auch Landtagsabgeordnete der Regierungskoalition. Das wurde dem SLV in Gesprächen mit Bildungspolitikern während des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder bestätigt.

Erste Anträge von Betroffenen wurden im Jahr 2018 noch nicht bearbeitet. In der Anhörung zum Artikelgesetz im Landtagsausschuss für Schule und Sport am 21. September 2018 mahnte deshalb der SLV-Landesvorsitzende: „Es sollte zeitnah Rechtssicherheit hergestellt werden, dass die betreffenden Personengruppen in das laufende Antragsverfahren einbezogen werden“. Das Kultusministerium äußerte mehrfach gegenüber dem SLV, dass der Sachverhalt noch mit dem Finanzministerium geprüft werde. Aber erst im Januar 2019, nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens, erfolgte eine Klarstellung. In einem Schreiben teilte das Kultusministerium dem SLV mit, dass sich die Ausnahmeregelungen nur auf Elternzeiten beziehen, „die zum Zeitpunkt der Vollendung des 42. Lebensjahres noch in Anspruch genommen werden“. Eine Ausnahme von der Altersgrenze ist möglich, „wenn eine Verbeamtung vor Vollendung des 42. Lebensjahres wegen der Inanspruchnahme einer Elternzeit nicht erfolgt ist und daher erst nach Beendigung der Elternzeit und nach Vollendung des 42. Lebensjahres vorgenommen werden soll. Wurde die Elternzeit dagegen vor Vollendung des 42. Lebensjahrs abgeschlossen, so dass eine rechtzeitige Verbeamtung grundsätzlich möglich war, hat sich die Verzögerung der beruflichen Entwicklung für eine Verbeamtung vor Vollendung des 42. Lebensjahres nicht mehr nachteilig ausgewirkt, so dass die Zulassung einer Ausnahme nicht auf die Regelbeispiele gestützt werden kann.“
Die Rechtsauffassung des sächsischen Kultusministeriums bzw. Finanzministeriums findet sich auch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen. In der jetzigen Auslegung des Gesetzestextes geht die ursprüngliche Formulierung zur Erhöhung der Altersgrenze „höchstens jedoch um ein Jahr für jeden Einzelfall“ weitestgehend ins Leere.

Der Sächsische Lehrerverband appelliert an das Kultusministerium, den Sachverhalt erneut zu überdenken und ein positives Signal an die betreffenden Beschäftigten zu senden. Mit einer großzügigen Auslegung des Beamtengesetzes würden zumindest weitere Lehrkräfte ebenfalls von der Verbeamtung profitieren und erhielten zugleich eine Anerkennung für Kinderbetreuung oder Pflege.