Schuldzuweisungen gegenüber der schulischen Bildung und den Lehrkräften in Sachsen im Zusammenhang mit den Demonstrationen und Ausschreitungen in Chemnitz sind nach Auffassung des Sächsischen Lehrerverbandes völlig absurd. Sächsische Lehrerinnen und Lehrer nehmen ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag sehr ernst und setzen ihn vorbildlich um. Das beschränkt sich bei weitem nicht nur auf den Bereich der politischen Bildung.
In einer Medienberichterstattung wurde Sachsen Defizite im Bereich der politischen Bildung in den Schulen und damit eine Mitverantwortung an den politischen Entwicklungen im Freistaat unterstellt. Lehrerinnen und Lehrer mit DDR-Biographie als Mitverursacher darzustellen, ist ein primitiver und beleidigender Erklärungsversuch. Schule ist kein Reparaturbetrieb der Gesellschaft. Bildung findet nicht losgelöst von gesellschaftlichen Entwicklungen statt, sondern greift diese auf. Hier machen es sich einige Leute zu einfach bei der Ursachenanalyse.
Der Sächsische Lehrerverband verweist auf den sogenannten Beutelsbacher Konsens zur politischen Bildung, der seit 1976 in der Bundesrepublik Deutschland Grundsätze festlegt. „Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.“ Das „Überwältigungsverbot“ erlaubt es nicht, „den Schüler – mit welchen Mitteln auch immer – im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der ‚Gewinnung eines selbständigen Urteils‘ zu hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrination. Indoktrination aber ist unvereinbar mit der Rolle des Lehrers in einer demokratischen Gesellschaft und der – rundum akzeptierten – Zielvorstellung von der Mündigkeit des Schülers.“
Nach Auffassung des SLV muss eine offene und ehrliche Ursachenanalyse stattfinden, die die ostdeutschen Biographien, den Transformationsprozess im Zuge der deutschen Wiedervereinigung und die nach wie vor existierenden Ost-West-Unterschiede bei Arbeits- und Lebensbedingungen gebührend berücksichtigt. Die politischen Entscheidungsträger in Bundes- und Landespolitik müssen die Vorstellungen und Sorgen der Menschen ernst nehmen.