Am 26.6.2018 stellte der Staatsminister für Kultus, Christian Piwarz, die Änderungen in den Stundentafeln für Grundschulen, Oberschulen und Gymnasien ab dem Schuljahr 2019/2020 auf einer Pressekonferenz vor. Ziel des Vorhabens ist es, die Unterrichtsbelastung für die Schüler zu senken und mehr Lehrerarbeitsvolumen (ca. 770 Lehrerstellen) zugunsten der Unterrichtsabsicherung freizusetzen.
Diese Kürzungen stellen aus Sicht des SLV aber auch eine Gefahr partieller Einschnitte bei der Bildungsqualität dar.
Als das Handlungsprogramm „Nachhaltige Sicherung der Bildungsqualität im Freistaat Sachsen“ am 9. März 2018 vorgestellt wurde, war lediglich eine Absenkung des Unterrichtsvolumens um vier Prozent vermerkt, begründet mit der überdurchschnittlich hohen Stundenlast der sächsischen Schüler im bundesweiten und europäischen Vergleich. Dazu gab es bislang relativ wenige kritische Stimmen. Mit der Bekanntgabe der Fächer und Klassenstufen, in denen Kürzungen erfolgen sollen, werden die Pläne konkret. Sie betreffen eine Stärkung der politischen Bildung mit je einer Wochenstunde in den Klassenstufen 7 und 8, aber eine Reihe von Kürzungen, die auf mehrere Fächer verteilt werden sollen.
Vor dem Hintergrund der Defizite von Schülern in der Rechtschreibung ist die Kürzung im Fach Deutsch in Klasse 4 besonders problematisch. Reduzierungen in Mathematik, Biologie sowie dem Fach Technik und Computer stehen im Widerspruch zum hohen Stellenwert naturwissenschaftlicher Bildung im Freistaat. Auch die geplanten Reduzierungen in Englisch, 2. Fremdsprache, Sport und Musik werden auf viel Kritik in den Lehrerzimmern treffen. Kein Lehrer möchte Kürzungen in „seinem“ Fach und in der Gesamtheit werden Abstriche an der Bildungsqualität befürchtet.
Kritisch ist auch die Möglichkeit „schuleigener Stundentafeln“ zu sehen, bei denen die Schulen eigenverantwortlich ein Fach um eine Stunde reduzieren, ein anderes um eine Stunde erhöhen können. Gerade bei Fächern mit zwei Wochenstunden, wie z. B. Physik, Biologie, Geographie und weiteren, bedeutet die Reduzierung um eine Stunde unterm Strich eine Halbierung der zur Verfügung stehenden Zeit zur Vermittlung von Wissen und Kompetenzen.
Veränderungen in Lehrplänen und Stundentafeln sind nicht neu. Sie sind auch in gewissen Zeitabständen notwendig und sinnvoll, damit neue Entwicklungen in der Gesellschaft, in Wissenschaft und Technik einfließen können. Im konkreten Verfahren wäre es aber vernünftiger gewesen, zunächst Lehrpläne zu analysieren. Es gibt durchaus Doppelungen von Inhalten, insbesondere fachübergreifend, die Ansatzpunkte für Überarbeitungen bieten.
Der Sächsische Lehrerverband erwartet, dass die Anpassungen der Lehrpläne nicht zu einer Komprimierung der Inhalte, sondern zu sinnvollen Reduzierungen und Freiräumen führen. Die Veränderungen bedürfen im Nachgang einer kritischen Analyse. Spätestens nach der Überwindung des Lehrermangels müssen Stundentafeln und Lehrpläne auf den Prüfstand. Derzeit führt der Lehrermangel auch ohne Reduzierung der Stundentafel zu planmäßigem und außerplanmäßigem Unterrichtsausfall. Zunehmend müssen Schulen mit Blick auf ihre Personalsituation eigenverantwortlich Kürzungen vornehmen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, sind die geplanten Kürzungen der Stundentafel ab dem Schuljahr 2019/2020 ein Resultat des anhaltenden Lehrermangels.