Das neue Schuljahr ist angelaufen und es scheint, als wäre an den Berufsschulzentren alles wie immer. Aber das ist nicht ganz der Fall. Das sächsische Schulgesetz hat Ausnahmeregelungen für Klassenbildungen an BSZ bei Nichterreichen der Mindestschülerzahl von 16 deutlich erschwert. Gemäß der Verwaltungsvorschrift Bedarf und Schuljahresablauf 2018/2019 können notwendige Anpassungen der Klassen-, Kurs- und Gruppenbildung bis zu zwölf Wochen nach Unterrichtsbeginn umgesetzt werden. Es droht dann die Auflösung der Klasse. Die Folge ist ein Kampf um jeden Schüler – auch über die Einzugsbereiche hinaus.
Die Lage am Ausbildungsmarkt ist mittlerweile in vielen Berufszweigen prekär. Hunderte Ausbildungsplätze sind auch in Sachsen noch unbesetzt. Dazu kommt die hohe Quote aufgelöster Ausbildungsverträge.
Also alles andere als eine stabile Situation. Offiziell gelten die BSZ (neben den Gymnasien) gemäß den Statistiken jedoch noch als eine mit Personal gut ausgestattete Schulart, die an der einen oder anderen Stelle sogar noch über einen Ergänzungsbereich verfügt – jedenfalls auf dem Papier. Praktisch sucht man den in den meisten Fällen vergeblich. Dazu kommt, dass Ausfall vielfach noch immer nicht tatsächlich erfasst wird. Das Zusammenlegen von Gruppen oder das Erteilen von Aufgaben bei Krankheit oder Fortbildung wird nicht als Ausfall gezählt und verfälscht regelmäßig die Statistik. Sieht auf dem Papier recht gut aus, senkt jedoch die Qualität der Ausbildung und verschleiert die tatsächlichen Bedarfe.
Das Handlungsprogramm der Sächsischen Staatsregierung vom März 2018 versucht, einige Ungerechtigkeiten der Vergangenheit im Lehrerbereich zu beheben. Eine Gruppe von Kollegen wurde jedoch wieder außen vor gelassen: die Ingenieur-, Ökonom- und Medizinpädagogen. Sie sind – je nachdem, ob ihnen eine Nachdiplomierung und somit ein Fachhochschulabschluss zuerkannt wurde oder nicht – entweder in die EG 10 oder die EG 11 (mit Angleichungszulage) eingruppiert. Mit Blick auf die Höhergruppierung der Grundschullehrer mit DDR-Abschlüssen in EG 13 ab 1. Januar 2019 verlangen die Kollegen nun auch eine entsprechende finanzielle Gleichstellung mit dieser Gruppe und somit auch mit den grundständig ausgebildeten Lehrern an ihren Schularten. Das Argument von Kultus- und Finanzministerium, das in der DDR absolvierte Fachschulstudium sei der höchstmögliche Abschluss für Grundschullehrer gewesen, ist zwar prinzipiell richtig – ebenso wie deren finanzielle Gleichstellung mit Lehrern anderer Schularten – aber nur zum Teil schlüssig.
Überträgt man diese Argumentation auf die Ingenieur-, Ökonom- und Medizinpädagogen, muss man dabei auch die völlig andere Struktur der Lehrlingsausbildung in der DDR im Auge haben. Diese Kolleginnen und Kollegen waren vorgesehen für die berufspraktische Ausbildung (im Regelfall in den Betrieben). Somit haben auch sie die für ihre Berufsgruppe höchstmögliche Ausbildung absolviert. Mit der Wiedervereinigung wurde ein Teil der praktischen Ausbildung an die BSZ verlagert, somit wechselten auch diese Kolleginnen und Kollegen dorthin. Manche gingen auch an Ober- und Förderschulen und unterrichten seither dort. Die Einführung der Lernfelder an den BSZ im Jahr 1996 verlangte eine noch stärkere Verzahnung von Theorie und Praxis. Eine strikte Trennung dieser beiden Teile der Ausbildung gibt es de facto seither nicht mehr. Berufsbegleitende Weiterbildungen, die auch eingruppierungsrelevant gewesen wären, gab es für diese Personengruppe aber all die Jahre nicht. Betrachtet man die Tätigkeit, die sie oftmals seit mehr als 20 Jahren an den BSZ, den Ober- und Förderschulen leisten, fällt es schwer, dort Unterschiede zu grundständig ausgebildeten Lehrern zu finden. Da wir auch über eine zahlenmäßig überschaubare Anzahl von Personen sprechen, die noch dazu vom Alter her oft nicht mehr allzu viele Jahre vom Renteneintritt entfernt sind, wäre es nur mehr als fair, in Sachsen auch hier eine Lösung im Sinne der Betroffenen zu finden. Bei der aktuellen Personalsituation im Lehrerbereich sollte nicht nur die Gewinnung neuer Kolleginnen und Kollegen, sondern auch die tatsächliche Wertschätzung und finanzielle Anerkennung der langjährigen Leistung aller „Bestandslehrer“ wichtig sein.
Insbesondere die Anerkennung von mitgebrachten Abschlüssen (speziell: ob sich daraus eines oder zwei Fächer ableiten lassen) ist immer wieder ein großes Thema. Teilweise zieht sich dies über Monate oder in Einzelfällen sogar Jahre hin. Dies ist absolut unbefriedigend, da der weitere Qualifizierungsweg davon abhängt. Muss ein zweites Fach berufsbegleitend studiert werden, kommt für die Kollegen an den BSZ nur ein allgemeinbildendes Fach in Frage, da fachspezifische Richtungen nicht angeboten werden. Um die geforderten mindestens 85 Leistungspunkte erbringen zu können, sind vier Semester oftmals nicht ausreichend. Verschärfend wirkt sich auf die Situation der Seiteneinsteiger aus, dass die Universitäten meist keine Rücksicht auf deren besondere Situation nehmen und jede Menge Hausaufgaben erteilen. Es bleibt abzuwarten, wie viele unter diesen Bedingungen tatsächlich einen Abschluss – insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fächern – schaffen werden.