Sachsens gegliedertes, leistungsgerechtes und durchlässiges Schulsystem zählt zu den besten bundesweit. Im Ländervergleich führt es zu deutlich besseren Lernergebnissen und ermöglicht eine optimale Förderung des einzelnen Schülers. Das sächsische Bildungssystem gilt es in seiner bestehenden Form zu stärken und weiterzuentwickeln.
Wie wird Ihre Partei das bewährte sächsische Schulsystem stärken und weiterentwickeln, um eine optimale Förderung für jeden Schüler bis zum erfolgreichen Schulabschluss und dem Einstieg in Beruf und Studium zu gewährleisten?
Wir verweisen auf unsere Antwort zum Thema Bildung. Daneben finden sich in unserem Regierungsprogramm bspw. im Teil der beruflichen Bildung konkrete Ansätze und Wege, um sowohl leistungsstarken wie auch leistungsschwächeren Schülerinnen und Schülern Bildungsperspektiven und berufliche Möglichkeiten zu eröffnen. Gleichzeitig wird im Kapitel zum Thema Bildung deutlich, dass unser klares Ziel ist, jede Schülerin und jeden Schüler den Interessen, Begabungen und Neigungen entsprechend zu fördern und zu fordern.
Wenn sich ändert, wie wir leben und arbeiten, muss sich auch ändern, wie und was wir lernen. Dies teilen auch die Expertinnen und Experten mit ihren Vorschlägen zum „Bildungsland Sachsen 2030”. Wir werden unsere Ideen mit diesen Vorschlägen abgleichen. Unser Ziel ist eine zeitnahe und umfassende Novellierung des Schulgesetzes sowie die Überarbeitung der Stundentafel und Lehrpläne, um das Fundament für eine eigenverantwortliche Schule zu legen.
Praktisches Lernen und Berufsorientierung sind nicht nur Aufgabe der Oberschulen, wir bauen daher die Praxisberatung an Gemeinschaftsschulen und Gymnasien aus. Um lebens- und praxisnahes Lernen zu unterstützen, werden Kooperationen mit Praxispartnern, Schülerfirmen und Gründerkultur gestärkt und – wie bereits erwähnt – notwendige Freiheiten in der Stundentafel und den Lehrplänen geschaffen.
Um Kinder und Jugendliche mit einem ganzheitlichen Ansatz beim Lernen und ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten, bauen wir die multiprofessionellen Teams an Schule weiter aus. Mit mehr Stellen und Mitteln werden mehr pädagogische Assistenzen, Inklusionsbegleiterinnen und Inklusionsbegleiter, Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter, IT-Koordinatorinnen und IT-Koordinatoren oder Schulgesundheitsfachkräfte möglich.
Schließlich wollen wir allen Jugendlichen ein Recht auf Bildung garantieren. Sie sollen einen Schulabschluss erwerben und eine Ausbildung abschließen können. Mit Volkshochschulen als anerkannten Schulen des zweiten Bildungsweges und landesfinanzierten Produktionsschulen unterstützen wir dies und stärken die nachholende Bildung.
Wir BÜNDNISGRÜNE stellen Bildungsgerechtigkeit konsequent in den Fokus unserer Bildungspolitik. Bildung legt den Grundstein für die individuelle und gesellschaftliche Entwicklung. Wir können und wir wollen auf kein einziges Talent verzichten. Für uns stellen Bildungsgerechtigkeit und Leistungsorientierung keinen Widerspruch dar. Wir haben lange für die Einführung der Gemeinschaftsschule gekämpft. Künftig wollen wir die Hürden bei der Einrichtung einer Gemeinschaftsschule oder Oberschule+ absenken, insbesondere die Vorgaben zur Mindestzügigkeit.
Für uns stellen Schulen des längeren gemeinsamen Lernens eine wichtige zusätzliche Option dar, ohne das bisherige Schulsystem grundlegend umzukrempeln. Gemeinschaftsschulen und Oberschulen+ können helfen, bestehende Schulstandorte zu sichern, und unterbreiten dabei gleichzeitig ein attraktives pädagogisches Angebot: mit einer Balance aus individuellen und kooperativen Lernformen, mit binnendifferenziertem und jahrgangsübergreifendem Unterricht, mit allen Abschlussarten entsprechend dem individuellen Leistungsniveau. Wir streben außerdem den Ausbau gebundener rhythmisierter Ganztagsschulen an. Schulen mit besonderen Bedarfen wollen wir gezielt unterstützen.
Das Startchancen-Programm des Bundes hat die Erarbeitung eines landesweiten Sozialindex deutlich beschleunigt. Daran wollen wir bei der künftigen Ressourcensteuerung anknüpfen. Wir setzen uns dafür ein, mehr Schülerinnen und Schüler zu einem Abschluss zu führen. Dabei haben wir auch schulmüde, schulabstinente und abschlussgefährdete junge Menschen im Blick. Für Schülerinnen und Schüler, die anderweitig nicht adäquat beschult werden können, etwa aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen, wollen wir alternative Lernangebote bereitstellen. Dabei ist Missbrauch, etwa die Umgehung der Schulpflicht aus ideologischen Gründen, zu verhindern und dem Unterricht im Klassenverband, wo immer möglich, der Vorzug zu geben.
Wir setzen uns für die Integration von lebens- und berufspraktischen Aspekten in allen Schularten und -stufen ein und wollen Kooperationen mit externen Partnern wie Unternehmen, Kammern, Hochschulen, Jobcentern und Arbeitsagenturen ausbauen. Wir wollen die Berufsorientierung an allen weiterführenden Schulen stärken und die gleiche Wertigkeit von Berufs- und Studienorientierung fördern.
Wir setzen uns dafür ein, dass die Gemeinschaftsschule zum Standard im sächsischen Bildungssystem wird. Dafür muss diese Schulform mit Unterstützung der Verwaltung sowie regionaler Beratungsstellen weiter ausgebaut werden. Bisher wurden lediglich vier Gemeinschaftsschulen und drei Oberschulen+ gegründet. Wir möchten die Gründung von Gemeinschaftsschulen erleichtern, beispielsweise die erforderliche Zahl von Parallelklassen (Mindestzügigkeit) senken, um auch im ländlichen Raum längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Zunächst kann die Oberschule+ dafür den Weg ebnen, doch halten wir langfristig an dem Ziel fest, die Gemeinschaftsschule überall in Sachsen zu etablieren, damit jedes Kind die Möglichkeit bekommt, eine Gemeinschaftsschule zu besuchen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Verwaltung sich Schulgründungen gegenüber freundlich verhält und sie personell, organisatorisch und finanziell unterstützt. Nötig sind dazu auch differenzierte Lernkonzepte für die Kinder sowie die Weiterbildung von Lehrkräften. Gemeinschaftsschulen können helfen, den Lehrkräftemangel zu lindern, Unterrichtsausfall zu vermeiden und Schulabbrüche zu verhindern. An ihnen wird jahrgangsübergreifend, selbstbestimmt und projektbezogen gelernt. Zudem fördern Gemeinschaftsschulen auch die soziale Gerechtigkeit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dort kann jedes Kind bis zuletzt jeden Abschluss erreichen, ohne voreilig aussortiert zu werden.
Natürlich benötigen unsere sächsischen Schüler zum Lernen engagierte Lehrer und Pädagogen, ein funktionierendes, personell gut ausgestattetes Verwaltungsmanagement und vor allem moderne, intakte funktionale Räumlichkeiten. Die eingesetzten Mittel müssen diese Grundlagen sichern.
Für den Einstieg unserer Schüler in eine Berufsausbildung ist es notwendig, Oberschule und Gemeinschaftsschulen in ihrer Praxisverbundenheit zu stärken. Heute ist die Organisation von Berufspraktika zumeist der Selbstinitiative von Schülern oder Lehrern überlassen. Hier braucht es eine übergreifende Organisation der Berufsorientierung.
Wir fordern daher die Etablierung eines integrierten Berufsorientierungsprogramms an den Schulen und verbindlich organisierte Praktika in Betrieben.
Um die praktischen und die akademischen Begabungen unserer Schüler wieder stärker zusammenzuführen, hält das BSW mittelfristig die flächendeckende Einführung der dreijährigen Berufsausbildung mit Abitur (BmA) für sinnvoll.
Wir Freie Demokraten wollen nicht, dass sich Sachsen auf den guten Ergebnissen der Schülerinnen und Schüler bei nationalen Bildungsvergleichen ausruht, sondern durch die Bekämpfung struktureller Defizite seinen Platz an der Spitze des Bildungsrankings hält. Angesichts der demographischen Entwicklungen müssen wir neue Konzepte entwickeln, wie wir mit weniger Personal die Bildungsstandards halten können. Lehrkräfte müssen aus den Verwaltungen an die Schulen zurückkehren. Potenziale, auch aus anderen staatlichen Bereichen, wie z. B. den Hochschulen oder der Erwachsenenbildung freiwillige Mitarbeit an den Schulen zu ermöglichen, müssen gehoben werden.
Schnell ausgebildete Lernbegleiter können innerhalb weniger Wochen als Aufsichtspersonen eingestellt und dort eingesetzt werden, wo Unterrichtsausfall kompensiert werden muss. In den durch die Lernbegleiter betreuten Stunden erhalten die Schüler hochwertige digitale Selbstlernmodule, die durch Fachberater des Landesamtes für Schule und Bildung inhaltlich untersetzt und durch IT-Spezialisten technisch umgesetzt werden
Das Problem des Lehrermangels, aber auch die Folgen der Schulschließungen während der Corona-Pandemie wurden aus unserer Sicht insbesondere durch Webfehler unseres Bildungssystems unnötig verschärft: Schulen sind aufgrund von Überregulierungen, Bürokratie und langfristigen Entscheidungsprozessen nicht mehr in der Lage, auf Krisen schnell und resilient zu reagieren. Wir wollen den Vorschriftenkatalog der Schulen konsequent vereinfachen und mehr Zuständigkeiten bei den Schulen vor Ort belassen, etwa Budgetrechte, die Einstellung von Personal oder die Ausrichtung von Projekten mit externen Akteuren. Wir sind der Überzeugung: Die Schule vor Ort und insbesondere ihre Lehrkräfte haben viel Motivation, Schule zu entwickeln, wenn man sie lässt.
Für uns stellt die steigende Heterogenität der Eltern und Schüler eine der größten Herausforderungen dar. Stärken und Schwächen sowie das Lerntempo der Schüler waren schon immer unterschiedlich ausgeprägt. Allerdings werden diese Effekte durch schnell ansteigende Migration und teilweise sich unterschiedlich entwickelnde Unterstützung der Schule durch das Elternhaus verstärkt. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, kann für uns – neben den in den Fragen 1 und 3 beschriebenen Maßnahmen – die Binnendifferenzierung ein wesentlicher Lösungsansatz darstellen. Es gilt, die Stärken zu fördern und an den Schwächen der Schüler zu arbeiten. Hier sehen wir auch verstärkt Schulassistenten in der Lage, eine verstärkte Binnendifferenzierung umzusetzen. Wir sind ferner überzeugt, dass wir uns in Deutschland keine 16 verschiedenen Bildungssysteme mehr leisten können. Mit dem derzeitigen System sind kurzfristige bzw. tiefgreifende Bildungsreformen nicht machbar. Die entstandenen Verkrustungen müssen durchbrochen werden. Der Wettbewerb unter den Ländern soll sich mehr auf die Art und Weise der Wissensvermittlung verlagern (Best practice). Nur so sind zum Beispiel Abiturnoten tatsächlich vergleichbar. Es ist keinem sächsischen Abiturienten vermittelbar, weshalb bei einem Studienplatz mit N.C.-Zugang ein Studienbewerber aus einem vermeintlich schwächeren Bildungsland den Zuschlag erhält, nur weil dieser die bessere Abiturnote aufweisen kann. Die Weiterentwicklung des Schulsystems sehen wir vor allem durch die Beantwortung der Frage zur Unterrichtsentwicklung beschrieben.